„Und dann auf mittlerer Flamme ausbacken“

TAZ-KANTINE Vorsicht, heiß und fettig: Kein Weihnachtsmarkt ohne Reibekuchen, denn nur er kann den vielen Glühwein aufsaugen.taz-Koch Christoph Esser erklärt, wie man sie zubereitet

ist Koch im taz-Café in der Berliner Rudi-Dutschke-Straße – der Betriebskantine der taz-Belegschaft. Dort kocht der 49-Jährige jeden Tag für die tazler – und für alle anderen Freunde der internationalen Küche, die mittags zwischen 12 und 15 Uhr vorbeischauen. Er beabsichtigt, demnächst doch einmal Reibekuchen anzubieten.

Foto: Isabel Lott

taz: Herr Esser, Reibekuchen, Reiberdatschi, Krumbeerenschnittcher – wie heißen die Dinger denn nun?

Christoph Esser: Rievekooche natürlich. Ich bin ja in Köln aufgewachsen. Und dort ist das ein Nationalgericht, das ganze Jahr über.

Rheinisch, also ohne Mehl?

Allerdings. Wenn man Mehl dazugibt, wird der Kuchen zäh.

Da gehen die Meinungen auseinander.

Ja, das stimmt. Einige machen saure Sahne rein oder nehmen Kartoffen halb roh, halb gekocht.

Wie bereitest du die „Rievekooche“ denn zu?

Man reibt rohe Kartoffeln in Wasser – damit sie nicht grau werden. Dann die Masse vorsichtig mit einem Handtuch auspressen. Wichtig ist, dass die sich im Wasser absetzende Stärke wieder in den Teig muss, der Bindung wegen.

Und dann?

Ei, Salz, Pfeffer. Ganz schlicht.

Ein bisschen Knoblauch rein?

Nein! Ich glaube, das macht man in Österreich so. Die Kuchen müssen jedenfalls in sehr heißem Pflanzenöl angebraten und auf mittlerer Flamme ausgebacken werden. Vier Minuten von jeder Seite, die Kartoffeln sind ja roh und müssen gar werden.

Eine insgesamt fettige Angelegenheit.

Nicht unbedingt, in der Masse selbst ist ja gar kein Fett.

Sind Reibekuchen dennoch eine gute Unterlage, wenn man sich auf dem Weihnachtsmarkt volllaufen lassen möchte?

Womöglich. Die werden dort auch meistens mit frischem Kartoffelteig zubereitet. Man sollte sich jedoch bei der Auswahl des Anbieters von seiner Nase leiten lassen. Wenn das Bratöl auch nur ansatzweise alt oder ranzig riecht – Finger weg.

Reibekuchen mit süßem Apfelmus, dazu Glühwein. Da wird einem doch schlecht.

Man kann sie auch mit Räucherlachs essen. Oder mit Pumpernickel. Ich bin da allerdings aufgrund meiner Herkunft festgelegt. Auf Apfelmus, und das ist ja auch eher säuerlich

Räucherlachs!? Das ist aber nicht orthodox.

Na ja … Also eigentlich ist das ja schon ein schlichtes Arme-Leute-Essen. Eben mit Apfelmus.

Aber trotzdem teuer, jedenfalls auf dem Weihnachtsmarkt.

Das Material ist nicht teuer, aber die Zubereitung ist arbeitsintensiv – weshalb ich das bisher im taz-Café auch noch nie angeboten habe, das ist zu aufwendig.

So schlimm?

Unmengen von Kartoffeln reiben, dann die einzelnen Kuchen à la minute braten – hinzu kommt, dass der Reibekuchenverkäufer vom Weihnachtsmarkt nach Feierabend dreimal duschen muss, wegen des Bratgeruchs. Das zahlt man mit.

Es gibt ja auch tiefgefrorene Reibekuchen im Supermarkt. Schmecken die?

Aber ja, die gab es bei uns zu Hause immer.

Wieso das denn?

Weil wir acht Kinder waren. Frische haben wir immer in der Stadt gegessen, beim Rievekooche-Charly am Neumarkt.

INTERVIEW: MARTIN REICHERT