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Archiv-Artikel

„Auch Illegale haben Menschenrechte“

Marokkos Praxis, illegale Migranten in der Wüste auszusetzen, ist untragbar, kritisiert Grünen-Politiker Volker Beck

taz: Was halten Sie von Otto Schilys Äußerungen, wonach Legalisierungskampagnen, wie sie Spanien durchgeführt hat, zur illegalen Migration nach Europa ermuntern würden?

Volker Beck: Das finde ich abwegig. Die Flüchtlingswellen in Spanien und die Situation in Ceuta und Melilla haben schlichtweg geografische Gründe. Spanien und seine Exklaven sind am leichtesten erreichbar, und deshalb ist da natürlich der Zuwanderungsdruck am höchsten.

Angesichts der zugespitzten Situation schickt die Europäische Linksfraktion jetzt eine Delegation nach Melilla. Was machen die Grünen?

Mit einer Delegation wird man das Problem dort vor Ort nicht lösen. Wir müssen vielmehr Einfluss nehmen, dass im Europäischen Rat auf einen anständigen Umgang mit diesen Menschen hingewirkt wird. Es ist richtig, dass man an den Fluchtursachen, die schlechte wirtschaftliche Lage und das Elend in Afrika, ansetzt. Afrika darf nicht zum vergessenen Kontinent werden.

Damit stellt sich dann aber auch das Problem der Zusammenarbeit mit einem Staat wie Marokko, dessen Polizei mit den Flüchtlingen zum Teil brutal verfährt.

Auch bei illegaler Migration müssen die Menschenrechte der betroffenen Personen geachtet werden, sowohl in den Ländern, durch die geflohen wird, als auch bei uns in Europa. Und wir können nicht hinnehmen, dass unter der Überschrift „Bekämpfung von illegaler Migration“ die Verhältnismäßigkeit der Mittel nicht mehr gewahrt wird. Illegale Migranten darf man nicht in der Wüste ohne Nahrung und Wasser aussetzen.

Wie stellen Sie sich eine einheitliche europäische Haltung vor, angesichts der Tatsache, dass die EU-Staaten unterschiedliche Interessen bezüglich der Einwanderung haben?

Entscheidend ist, dass wir dafür sorgen, dass das Flüchtlingsrecht in allen Mitgliedsstaaten der EU ohne Abstriche gilt, und wenn hier Länder stärker beansprucht sind, muss man im Rahmen einer gemeinsamen Flüchtlingspolitik natürlich über einen Ausgleich der Belastungen reden. Die kann ökonomischer Art sein, aber auch die Übernahme von Flüchtlingen bedeuten, wie wir das bei den Kontingentflüchtlingen heute schon tun, die außerhalb des formellen Flüchtlingsrechts Aufnahme finden.

INTERVIEW: OLIVER POHLISCH