: THEATER
TheaterEsther Slevogt betrachtet das Treibenauf Berlins Bühnen
Der Titel dieses Mammutwerkes ist sprichwörtlich: „Die Ästhetik des Widerstands“. Ausgehend von einer minutiösen Schilderung des Pergamon-Frieses und der Geschichte des kommunistischen Widerstandsnetzes, das die Nazi-Propaganda unter dem Begriff „Rote Kapelle“ zusammenfasste, widmet sich der Schriftsteller Peter Weiss darin der Frage, welche Rolle die Kunst beim Widerstand gegen Totalitarismus spielen kann. Eine Frage, die heute, wo die Kunst von der Politik verstärkt unter Gesichtspunkten der Kreativwirtschaft wahrgenommen wird, noch einmal anders relevant wurde. Peter Weiss, 1916 geboren (er wäre also in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden) und 1982 gestorben, war aber auch ein Erfinder des Dokumentartheaters. Sein Stück „Die Ermittlung“, das auf der Basis der Protokolle der Auschwitz-Prozesse entstand, kann man als angewandte Ästhetik des Widerstands betrachten. Das HAU hat dem heute zu Unrecht etwas in Vergessenheit geratenen großen Autor zum Auftakt seiner Spielzeit ein Festival gewidmet, das das Werk von Weiss für unsere Gegenwart vermessen möchte: Im Zentrum stehen eine über mehrere Tage verteilte Lesung aus dem titelgebenden Roman, an der sich so tolle Schauspieler wie Valery Tscheplanowa, Robert Stadlober, Fabian Hinrichs, Mark Waschke oder Mia Partecke, aber auch der Philosoph Joseph Vogl beteiligen – und der Abend „Unsere Gewalt und eure Gewalt“ von Oliver Frljic. Im Rahmenprogramm gibt es Auseinandersetzungen mit dem NSU-Komplex, Rabih Mroué zeigt seine Inszenierung „So little time“ und Nicoleta Esinencu ihr Stück „Life“ (HAU: „Die Ästhetik des Widerstands: Peter Weiss 100“, 28. 9.–8. 10. alle Infos www.hebbel-am-ufer.de).
Aber Weiss ist nicht der einzige Dramatiker, dem in dieser Woche ein Festival gewidmet ist. Und auch nicht der einzige Peter. Unter dem Titel „Hacks und keine Ende“veranstaltet das Theater im Palast ein Festwochenende zu Ehren von Peter Hacks, der es in der DDR als Einziger wirklich versuchte, dem ästhetischen Auftrag nachzukommen, eine sozialistische Klassik zu schaffen. Der zum Beispiel die Arbeiter in den Fabriken antikes Versmaß sprechen ließ. Doch als er merkte, dass es nicht mal die Partei so ernst wie er damit meinte, hat er nur noch antike Stoffe gewählt. An der Würdigung dieses schillernden Dichters, der aus dem Westen in die DDR gekommen war, wirken so prominente Kräfte wie Jürgen Kuttner, Tom Kühnel, Nina Engel, Wiglaf Droste, Annekathrin Bürger, Carmen-Maja Antoni und Henrik Anst mit. Es gibt Theater, Filme, Lesungen und Debatten (Theater im Palast: „Hacks und keine Ende“,29. 9.–2. 10. Alle Infos: www.theater-im-palais.de).
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