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FantastischengagierteMenschen

Mut Der taz Panter Preis 2016 ist vergeben. Mit den Preisträgern, Tobias Burdukat aus Grimma und dem Karo e. V. aus Plauen, wurde deutlich, dass zivilgesellschaftliches Engagement in Sachsen sehr lebendig ist

von David Joram

Das ist wohl die größte Ansammlung von Gutmenschen, seit es die AfD gibt.“ Mit dieser Feststellung lag Hatice Akyün am vergangenen Samstagabend ziemlich richtig.

Zusammen mit dem Leiter der taz-Zukunftswerkstatt, Andreas Rüttenauer, moderierte die Journalistin und Autorin die Gala zur Verleihung des taz Panter Preises 2016 im voll besetzten Deutschen Theater in Berlin.

Damit war Hatice Akyün aber auch recht schnell bei jener Partei angelangt, die dem gesellschaftlichen Klima in Deutschland ungefähr so dienlich ist wie abgestandenes Bier.

Gerade vor dem Hintergrund des Rechtsrucks durfte der taz-Panterpreis in diesem Jahr als noch stärkeres Signal verstanden werden für eine offene Gesellschaft, für mehr Teilhabe von Minderheiten, von Menschen, die unterdrückt oder ausgegrenzt werden – Geflüchtete beispielsweise. Dass sich für die Teilhabe dieser Menschen im Alltag BürgerInnen mit „Herz, Mut, Hartnäckigkeit, Kreativität und Kampfgeist“ (Akyün) einsetzen, geht dabei häufig unter.

„Ihr zeigt, da geht noch was in Deutschland, wir danken Euch dafür enorm, fürs dranbleiben, anstiften und großartig sein“

Katrin Gottschalk, stellvertretende Chefredakteurin der taz

Crowdfunding für die Rechte von Geflüchteten

Katrin Gottschalk, stellvertretende taz-Chefredakteurin, betonte dann auch: „Ihr zeigt, da geht noch was in Deutschland, wir danken euch dafür enorm, fürs Dranbleiben, Anstiften, Großartigsein.“ Das galt zuvörderst für die Preisträger von Karo e. V. (Lesepreis) und für Tobias Burdukat (Jurypreis) – beide aus Sachsen –, für die weiteren vier Nominierten (aus 180 Vorschlägen) aber nicht minder.

So verhilft Peperoncini e. V. Geflüchteten über Minibürgschaften zu professioneller Rechtsverteidigung. Leonore Stangherlin und Katharina Enders setzen die Idee in Leipzig mittels Crowdfunding um. „Die Rechte von Geflüchteten schmelzen wie Eis in der Sonne“, sagte Stangherlin im Gespräch mit Andreas Rüttenauer auf der Bühne des DT. Ihr größter Wunsch sei daher: „Keine weiteren Verschärfungen im Asylrecht!“

Ron Paustians Motto lautet: „Nur wer laut ist, wird auch gehört.“ Paustian hat zusammen mit seinem Verein „Inklusion muss laut sein“ ein Netzwerk von inzwischen 500 ehrenamtlichen HelferInnen aufgebaut, die für Menschen mit Behinderung den barrierefreien Zugang zu Kultur- und Musikveranstaltungen sicherstellen.

Etwa zum alljährlichen Heavy-Metal-Musikfestival Wacken Open Air. „Das ist für mich Beruf und Berufung“, sagte Paustian. Selbst hört er am liebsten AC/DC, Metallica – und, wie er auch bekannte, Helene Fischer.

HausbesetzerInnen als Motoren für Veränderung

Für eine menschenwürdigere Wohnungspolitik tritt das generationenübergreifende HausbesetzerInnenprojekt „Our House #OM10“ in Göttingen ein, das Geflüchtete wie Nichtgeflüchtete bei sich aufnimmt, Deutschkurse anbietet und Basisdemokratie vorlebt. Am 5. November 2016 feiern die BesetzerInnen eines leerstehenden DGB-Bürogebäudes Jahrestag, bis dahin soll das Haus gekauft sein.

Gegen den Ausbau der Braunkohlegrube Nochten II engagiert sich ein weiteres nominiertes Hausprojekt: „Eine Spinnerei e. V.“ setzt sich für Nachhaltigkeit in der Lausitz ein, initiiert Veranstaltungen und Seminare – und muss dabei gegen Unmut in der ortsansässigen Bevölkerung genauso kämpfen wie gegen die örtlichen Behörden. Immerhin: Dass eine Baugenehmigung für ein Zeltlager Quatsch ist, hat mittlerweile auch das Bauaufsichtsamt erkannt.

Der taz Panter Preis 2016

Wen wir suchen: Seit 2005 wird der Panter Preis von der taz Panter Stiftung an Menschen vergeben, die sich für andere einsetzen, politische Missstände anprangern oder aktiv für eine bessere Gesellschaft eintreten.

Die Preise: Es wird ein Jurypreis und ein Publikumspreis vergeben. Beide Preise sind mit je 5.000 Euro dotiert.

Die Jury: Julius Deutsch (Panterpreisträger 2008), Katrin Gottschalk (stellv. taz-Chefredakteurin), Bernd Pickert, (taz-Auslandsredakteur), Maritta Strasser (Campact), Gisela Wülffing (Kuratorium taz Panter Stiftung)

Die Nominierten: Tobias Burdukat (Grimma), „Peperoncini“ (Leipzig), „Inklusion Muss Laut Sein“ (Hamburg), „Our House OM10“ (Göttingen), „Eine Spinnerei e.V.“ (Neustadt/Spree), „KARO e. V.“ (Plauen)

Weitere Informationen:www.taz.de/panter

taz-Kuratoriumsmitglied Elke Schmitter sinnierte über die eigentliche Definition der Freiheit, die im Handeln liege. Dass der taz Panter Preis der Leserschaft dann an Karo e. V. ging, spricht genau dafür. Seit 1994 setzt sich der Verein im tschechisch-deutschen Grenzgebiet für Frauen ein, die von Zwangsprostitution betroffen sind.

Cathrin Schauer, Michaela Vasicova und Nicole Baumgärtel und ihre Mitstreiterinnen bieten Wohnungen oder psychosoziale Beratung an und helfen beim Ausstieg aus der Prostitution. Bei ihnen steht die Einzelne im Vordergrund.

Maritta Strasser, Koordinatorin bei Campact e. V., hielt die Laudatio und stellte fest: „Rausgehen, einsetzen – das erfordert wahren Panter-Mut. Wegsehen ist für die Preisträgerinnen keine Option!“ Für den Jurypreisträger Tobias Burdukat gilt dasselbe. Er betreibt im sächsischen Grimma im „Dorf der Jugend“ Humanismus im besten Sinne.

„Ich bin lieber für etwas als gegen etwas“, sagt der 33-jährige Sozialarbeiter, der in Zusammenarbeit mit den Jugendlichen vor Ort ein Container-Café betreibt und kulturelle Events veranstaltet. Gegen den Widerstand der ortsansässigen Bürgerbewegung stellt er sich gegen Rassismus und Sexismus. Dabei beschränkt Burdukat sich nicht nur auf die Arbeit an seinem Projekt, er engagiert sich inzwischen auch in der Kommunalpolitik.

„Tobias Burdukat ist ein echter Held des Alltags“, würdigte ihn Julius Deutsch, 2008 selbst Panterpreisträger, sein Engagement. „Helden wie er sind die Voraussetzung, dass die Region lebenswert bleibt.“

Der Preisträger war sichtlich gerührt, nahm den Preis dankend an – und ließ dem Deutschen Theater dafür im Gegenzug die „Waterkant“ da, eine kleine Welle, die zeige, wie beweglich die Jugendlichen sind. Ein starkes Zeichen für die nächste Zeit.

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