„Jagd auf Schwarze“ in Marokko

Festgenommene Migranten werden gefesselt in die Westsahara deportiert. Betroffen sind auch Asylbewerber und Studenten. Marokko will entlang der Grenze zur spanischen Exklave Melilla eine Mauer bauen und startet Abschiebeflüge nach Westafrika

AUS MADRID REINER WANDLER

Trotz internationaler Kritik geht die Massendeportation schwarzafrikanischer Flüchtlinge in Marokko weiter. Wie SOS Rassismus gestern berichtete, werden über 2.000 Immigranten in Buskonvois von der marokkanischen Armee Richtung El Aaiun gebracht, Hauptstadt der marokkanisch besetzten Westsahara. „Ob sie Richtung Algerien oder Richtung Mauretanien gebracht werden, ist unklar“, erklärte ein SOS-Sprecher, der mit Vertretern dreier weiterer Hilfsorganisationen einem der Konvois folgt.

„In den Bussen, denen wir folgen, befinden sich mindestens zehn Kleinkinder und mehrere schwangere Frauen“, erklärt der Sprecher. Außerdem würden auch Flüchtlinge deportiert, die in Marokko einen Asylantrag gestellt haben. Selbst vor Studenten, die in marokkanischen Universitäten eingeschrieben sind, macht die Abschiebewut keinen Halt. Immer zwei Immigranten sind mit Handschellen aneinander gekettet. Es gibt kein Wasser und keine Nahrung. SOS Rassismus befürchtet, dass die Betroffenen wieder einmal in der Wüste ausgesetzt werden sollen.

Aus Oujda an der Grenze zu Algerien im Nordosten Marokkos wurden derweil 140 Flüchtlinge aus Senegal per Flugzeug in ihre Heimat abgeschoben. Fünf weitere Flüge für insgesamt tausend Migranten aus Senegal und Mali sind bis morgen geplant. Die Betroffenen gehören zu der Gruppe, die Ende letzter Woche von Ärzten ohne Grenzen in der Wüste gefunden wurde. Die marokkanische Armee hatte sie dort einfach ausgesetzt und erst nach internationalen Protesten wieder abgeholt.

„In Marokko geht die Jagd auf Schwarze weiter“, erklärt der SOS-Sprecher. In den Wäldern rund um die spanische Enklave Melilla, deren Grenzzaun in den letzten Wochen immer wieder Ziel von Massenanstürmen war, befinden sich nur noch wenige Flüchtlinge. Viele derjenigen, die nicht verhaftet und in Busse gebracht wurden, haben den 145 Kilometer langen Fußmarsch nach Oujda angetreten, um nicht den Gendarmen und Soldaten in die Hände zu fallen.

Rund um Melilla lassen die marokkanischen Behörden mittlerweile das Gelände entlang des Grenzzaunes roden. In Kürze soll auf marokkanischer Seite eine Mauer und ein drei Meter tiefer Graben errichtet werden. Die 73 Schwarzafrikaner, die vergangene Woche aus Melilla abgeschoben wurden, sollen in einem Aufnahmecamp im nordmarokkanischen Tanger in den Hungerstreik getreten sein.