piwik no script img

KINDER

KinderSylvia Prahl sucht nach den schönsten Spielsachen

Wer befürchtet, die Ausstellung „El Siglo de Oro. Die Ära Velázquez“ sei für Kinder kein Spaß und mit ihnen auch nicht, darf aufatmen: Selten haben meine sechsjährige Testreporterin und ich uns so angeregt über „olle Schinken“ unterhalten. Das ist wohl dem „Compaňero“ geschuldet, der Kindern kostenlos, aber irgendwie unbezahlbar am Eingang der Ausstellung in der Gemäldegalerie ausgehändigt wird. Es ist sozusagen ein Tablet 0.1, ein Klemmbrett, auf dem der einfach zu bedienende Audioguide befestigt ist, und ein Malheft.

Für den Wiedererkennungswert sind die zwölf gut verständlich und schlicht informativ im Audioguide behandelten Bilder der spanischen Meister von der Illustratorin Paula Müller im Ligne-claire-Stil nachgezeichnet. Und gleich nebendran wird das eben Gehörte abgefragt oder einfach nur auf das gezielt, was im Bild zu sehen ist – beispielsweise, wenn ein Steckbrief von König Philipp IV. erstellt werden soll. Oder die Aufgabe lädt zu weiterführenden Späßen ein. So sollen Kinder ausgehend von einem Traum-Madonnenbild von Ribera malen, wem sie gern im Traum begegnen würden (bei uns war es – wenig überraschend – ein Pferd). Oder wenn „Der ruhende Mars“ von Velázquez zu „Marsman“ wird und sich ein Logo für den Superhelden ausgedacht werden soll.

Während die jungen Kunstverständigen sich mit den Bildern beschäftigen – die unglaublich brutale Geschichte, die hinter der „Heiligen Margareta von Antiochien“ steckt, wurde gleich dreimal angehört –, können sich die Erwachsenen die weitere Ausstellung ansehen, sogar in Ruhe die Infotexte lesen. Bei der riesigen Skulptur „Kreuzgang Christi“ von Fernández sollen die verschiedenen Gesichtsausdrücke der Figuren gezeichnet werden. Eine Aufgabe, die zu genauestem Hinsehen und Verstehen der unterschiedlichen Beweggründe führt: das Leiden Christi, die Schadenfreude der Söldner.

Ausgehend vom „Küchenstück“ des anonymen Meisters des Amsterdamer Stilllebens dürfen sich die Kinder ihre Menüfolge selbst zusammenstellen oder ein anderes Stillleben mit Speisen bestücken, die sie gern im Vorratsschrank haben. Und bei der Frage zum letzten Bild der Ausstellung kommt die Antwort wie aus der Pistole geschossen: Murillos „Die Pastetenesser“ haben ihre Leckereien mit Sicherheit nicht gekauft, sondern gestohlen!

Einzige Beanstandung: Im Audioguide werden mitunter Emotionen abgefragt, aber den Kindern wird keine Zeit gelassen, sich ihrer Gefühle bewusst zu werden, weil das Thema zu schnell wechselt. (Gemäldegalerie, bis 30. 10., Eintritt bis 18 Jahre frei, Erwachsene 14 €, erm. 7 €).

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen