: Vorstoß und Ablehnung
Mit seiner Forderung nach der Legalisierung von aktiver Sterbehilfe handelt sich Justizsenator Kusch heftige Kritik ein. Rathaus: Nur eine Privatmeinung
Mit seinem Plädoyer für aktive Sterbehilfe hat Justizsenator Roger Kusch (CDU) den Streit über ein würdiges Ende Todkranker neu angeheizt. Der Paragraph 216 des Strafgesetzbuches solle so geändert werden, dass die Tötung auf Verlangen nicht mehr strafbar ist, hatte Kusch in einem Beitrag für das Hamburger Abendblatt geschrieben. Die Rechtsordnung messe mit zweierlei Maß. „Eine Schwangere darf sogar fremdes Leben zerstören, aber der Todkranke darf nicht die Beendigung seines eigenen Lebens verlangen“, so Kusch.
Neben dem Hamburger Arbeitskreis sozialdemokratischer Frauen, der den Abtreibungsvergleich „frauenfeindlich“ nannte, reagierte die Deutsche Hospiz Stiftung, die eine Änderung des gesetzlichen Verbots der Sterbehilfe ablehnt, mit scharfer Kritik. Ablehnung äußerte sogar die Junge Union: Landesvorsitzender André Trepoll teilte mit, die Vorschläge widersprächen dem christlichen Menschenbild und grundgesetzlich verankerten Prinzipien.
Frank Ulrich Montgomery, Vorsitzender der Klinikärzte-Organisation Marburger Bund, sagte, der schnelle Tod aus der Hand des Arztes könne keine Antwort einer würdigen Gesellschaft sein.
Kusch widersprach mit seiner Argumentation Bischöfin Maria Jepsen, die gesagt hatte, nach Überzeugung der Kirche dürfe man kein Leben nehmen. Senatssprecher Lutz Mohaupt, ehemaliger Hauptpastor, betonte, es handele sich um einen Namensbeitrag Kuschs, in dem er seine persönliche Ansicht darlege. Der Senat befasse sich zurzeit nicht mit dem Thema.
Zur Vermeidung von Missbrauch sieht Kuschs Überzeugung drei Voraussetzungen vor: Eine irreversible, tödliche Krankheit müsse ärztlich festgestellt und der Sterbewillige eingehend ärztlich beraten werden. Schließlich sei eine notariell beglaubigte Erklärung des Patienten bei vollem Bewusstsein nötig.
„Zutiefst entsetzt“ zeigte sich der Geschäftsführende Vorstand der Deutschen Hospiz Stiftung, Eugen Brysch. Schwerstkranke und Sterbende bräuchten weder Mitleid noch Gnade, sondern Zuwendung und professionelle Versorgung. dpa/aldi