Das Ding, das kommt: Theater der Dinge
Wer gerade wen in der Hand hat, ist in den Bühnenprogrammen des Puppenspielers Neville Tranter nicht immer eindeutig zu erkennen. „Manipulator“ heißt denn auch eines seiner Stücke. Irgendwann wird der Australier in der Figur des Nero darin von einer seiner lebensgroßen Puppen in einen Frosch verwandelt. Ganz ähnlich funktionieren auch die Stücke des Darstellers und Regisseurs Frank Soehnle, Leiter des Figurentheaters Tübingen. Immer wieder stellen beide die Frage nach dem Verhältnis zwischen dem Spieler und der Figur: Wer manipuliert wen, wer ist in wessen Macht, wer greift wem in die Fäden?
Beide sind zentrale Protagonisten einer künstlerischen Bewegung, die der verstaubten Puppenspieltradition in den vergangenen 20 Jahren ein kunstvolles und ganz anders verstandenes „Theater der Dinge“ entgegenhalten, das das Verhältnis zwischen Mensch und gestaltetem Material, zwischen Lebendigem und Leblosem und zugleich das Verhältnis zu den Schwesterkünsten des Theaters zum Thema macht.
Zum ersten Mal laden nun die Puppenspieler-Vereinigung Union Internationale de la Marionnette (Unima) und der Verband Deutscher Puppentheater zur Deutschen Figurentheater-Konferenz ins Northeimer Theater der Nacht. Mehr als 30 Figurentheaterbühnen, Theoretiker und Praktiker wollen eine Woche lang miteinander forschen, voneinander lernen und die Kunst des Figurenspiels neu entdecken.
Von Neville Tranter kann man dort lernen, wie man einer Klappmaulpuppe Leben einhaucht. Soehnle wiederum zeigt, wie man die spezifische Form der Animation eines Objektes, Materials oder einer fertigen Figur mit Fäden, Seilen und Stricken erforscht.
Zu sehen sind beide auch im öffentlichen Programm zum Symposium: Neville Tranter mit seinem aktuellen Solostück „The King“ über den Aufstieg und Fall eines Rockstars. Frank Soehnles gemeinsam mit der Puppenspielerin Alice Therese Gottschalk entwickeltes Stück „crinkled“ wiederum erforscht die Spielpotenziale von Papier. MATT
„Erste Deutsche Figurentheaterkonferenz“: Mo, 29. 8., bis So, 4. 9., Theater der Nacht, Northeim. Neville Tranter: „The King“: Mo, 29. 8., 20 Uhr; Alice Therese Gottschalk: „crinkled“: Fr, 2. 9., 20 Uhr
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen