Kolumne Berliner Galerien: Rot + Weiß = Pink

Noemi Molitor empfiehlt Videokunst von Jen Liu bei SomoS, Spice Girls Devotionalien bei The Ballery und Skulpturen von Bosco Sodi bei Eigen+Art.

Still aus Jen Lius „The Pink Detachment“, 2015, 19:40 Min. Foto: Courtesy the artist and SomoS Berlin

In der Forum-Expanded-Ausstellung „Traversing the Phantasm“ der diesjährigen Berlinale war Jen Lius Videoarbeit „The Pink Detachment“ der Dreh- und Angelpunkt, der alles zusammenhielt. Teils Wurstfabrik der Marke „unangenehm stockende 3-D-Animation“, teils Performance-Spielfilm, in der eine Ballerina im weißen Einwegoverall neben einem Fleischwolf tanzt und eine Arbeiterin Rippchen um Rippchen mit einem stumpfen Messer zu filetieren versucht.

SomoS, Eröffnung: 16. 8., 18–21 Uhr,Bis 27. 8., Di.–Sa., 14–19 Uhr,Kottbusser Damm 95

Liu dichtet die chinesische Modelloper „Das Rote Frauenbataillon“ (1964) um: Fabrik statt Land, Massenproduktion pinker Hotdogs statt Revolution für die Massen. Nun läuft der Film endlich wieder: SomoS zeigt dazu Lius Wasserfarbenmalereien, auf denen sich ein gigantischer Zeigefinger erhebt.

Pink = Pop

Musik für die Massen lässt sich den Spice Girls nachsagen. The Ballery widmet der Popband der 90er anlässlich ihres 20. Jubiläums die Ausstellung „Wannabe: celebrating the Spice Girls through Art“. Den teilnehmenden Künstler_innen wurden kulturrelevante Leitfragen mit in die Produktion gegeben: „How did they bring you to love pop culture or hate it?“.

The Ballery, Eröffnung: Do, 11. 8., 18 Uhr, Bis 16.8., Di.–Fr. 15–19 Uhr, Sa. 12–17 Uhr,Nollendorfstr. 11/12

Im Sinne der Verschmelzung von Kunst und Pop werden Devotionalien von Juan Sanchez Porta, ein Fanzine von Francesca Tambussi + Alexandra Ruppert und allerlei Videobotschaften im Teenager-Zimmer erwartet.

Weiß = Warm

Gänzlich ohne Verzierung kommt Bosco Sodis Einzelausstellung „Cubes“ in der Galerie EIGEN + ART aus. Zunächst wirkt der Raum, jedes Schnickschnacks beraubt, fast leer. Da wären zum einen Sodis Bilder, die zwar in den Raum hineinwachsen, aber durch ihre weiße Färbung (oder Farblosigkeit) aus reinem Pigment wieder in die Wand überzugehen scheinen.

Galerie EIGEN+ART, Bis 27. 8., Di.–Sa. 11–18 Uhr, Auguststr. 26

Geladen haben sie Sägemehl, Leim und Zellstoff, die nach dem Pigmentauftrag je nach Luftfeuchtigkeit unterschiedlich antrocknen und aushärten. Ohne Kenntnis dieses Entwicklungsverfahrens lassen die Quadrate trotz ihrer Furchen und Risse das Publikum eher außen vor.

Nicht so die „Cubes“, zu drei Säulen aufeinandergestapelte terracottafarbene Tonquader. Ihre Wärme bleibt trotz der merkwürdig geradlinigen Stapelung spürbar und kämpft gegen den White Cube an. Dass sie überhaupt in ihrer Größe existieren (vier übereinander überragen eine Körpergröße), liegt an einem langen Prozess des Experimentierens mit Brennmaterialien, darunter Sand, Erde, Wasser, Kokosschalen und Holz. Es ist, als wollten die Cubes wieder zurück nach draußen.

Dieser Text erscheint im taz.plan. Mehr Kultur für Berlin und Brandenburg immer Donnerstags in der Printausgabe der taz

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