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Slow down, take it easy

Festival Das Wochenende kann nur super werden: Aus drei Musikfestivals muss man sich nur das passende aussuchen. „By the Lake“, am Weißensee, werden die kultisch verehrten Laid Back aus Kopenhagen auftreten

von Jens Uthoff

Kinder der Achtziger könnten sich an einen skurrilen Videoclip erinnern, der im Musikfernsehen, also bei MTV, rauf und runter gespielt wurde. Darin sind durch die Lüfte schwebende Musiker zu sehen, die zuvor im freien Fall aus einem Flugzeug fielen. Mit E-Gitarre, Saxofon und Schlagzeug schweben sie nun scheinbar schwerelos über den Wolken.

Dabei singen sie Zeilen, die bis heute kryptisch bis absurd-komisch klingen: „Bakerman is baking bread / The night train is coming / Got to keep on running / You’ve got to cool down / Relax, take it easy / It’s too late to worry / Slow down, take it easy.“ Der Bäcker backt Brot. Der Nachtzug kommt. Du musst weiter rennen. Kühl mal runter runter, entspann dich, take it easy. So tragen sie es vor, die beiden Musiker, die mit Gitarre und Keyboard durch die Luft sausen. Hin und wieder bekommen sie Besuch: Da kommt ein Bäcker mit Konditorenmütze und einem Laib Brot auf dem Backrost vorbeigeflogen, auch die Backgroundsängerinnen im pinkefarbenen Tüll fliegen vorbei. Gegen Ende schlürft man einen Cocktail in luftiger Höhe.

Schön locker bleiben

Laid Back heißt die Gruppe, die den Song „Bakerman“ geschrieben hat. Nicht nur wegen dieses Hits von 1989 sind sie eine Art Kultband. Sechs Jahre zuvor hatte das Duo, das von Keyboarder Tim Stahl und Gitarrist John Guldberg 1979 gegründet wurde, mit „Sunshine Reggae“ (1983) einen europaweiten Hit gehabt. Mit dem Disco-Stück „White Horse“ wurden sie auch in den USA bekannter, gemeinsam mit Prince veröffentlichten sie ein Split-Release dieses Songs. Den wenigsten dürfte bis heute bekannt sein, dass diese Gruppe zum einen aus dem nahen Kopenhagen stammt und dass sie zum anderen bis heute ohne Unterbrechungen existiert. Stilistisch bewegen sich Laid Back dabei zwischen New Wave, Synthpop, Disco und House – mit gelegentlichen Dub- und Reggae-Anleihen.

Am Sonntag kann man sich nun beim By the Lake Festival in Weißensee ein Bild davon machen, wie Laid Back heute klingen. In Deutschland waren sie in den vergangenen Jahren kaum live zu sehen, ein Gig im Sommer 2015 im Berliner Haubentaucher blieb weitgehend unbemerkt.

Die Festivals am Wochenende

Das By the Lake Festival in Weißensee feierte im vergangenen Jahr Premiere. Es wird von einem Team um die in Berlin lebende dänische Band Efterklang veranstaltet, die auch das The Lake Radio ins Leben gerufen haben. Am Samstag, dem ersten Festivaltag, spielen auf der Freilichtbühne Weißensee (Große Seestraße 9) unter anderem der nigerianische Künstler Mdou Moctar, die marokkanischen Sufi-Könige The Master Musicians of Jajouka und die dänische Band Liss; am Sonntag treten am Strandbad Weißensee (Berliner Allee 155) unter anderem die empfehlenswerten King Khan And The Shrines (Funk-Soul-Brothers aus Berlin) und Laid Back auf. Zudem wird es „The Lake Live Radio“ mit musikalischen Gästen wie Efterklang geben. Tagestickets 30 Euro, Festivaltickets 55 Euro. (Web: www.bythelake.co) Nicht minder hochwertig besetzt sind die beiden anderen Festivals an diesem Wochenende.

Freitag und Samstag findet in Friedland (Niederlausitz) Jenseits von Millionen statt, wo unter anderem Messer, Die Heiterkeit, Masha Qrella und Klaus Johann Grobe auftreten werden (jenseitsvonmillionen.de). Tagesticket 20/22 Euro, Festivalticket 35 Euro.

Am morgigen Samstag geht im About blank das schon tradi­tionsreiche Down by the River Festival von Ran Huber über die Bühne. Drinnen wie draußen werden dort unter anderem die rockenden Chuckamuck, Helmut, Reverend Christian Dabeler, Vaginapocalypse und ebenfalls Masha Qrella zu sehen und zu hören sein. Tickets 20 Euro. (downbytheriver-berlin.de) JUT

Laid Back sind ein schönes Mysterium der MTV-Ära geblieben, so richtig verstanden hat man sie wohl bis heute nicht. Ihre einzige, dabei umso sympathischere Message schien ihnen schon im Bandnamen eingeschrieben zu sein. Diese wiederholen sie gerne auch in ihren Liedern noch mal: “Don’t worry, don’t hurry, take it easy!“, singen sie fröhlich in „Sunshine Reggae“, „let the good vibes get a lot stronger!“ Das trällern sie vor sich hin, während sie im dazugehörigen Clip offenbar an einem Strand Mangos und sonstige Früchte aussaugen. Achtziger-Fönfrisuren, Sonnenbrillen, Palmen – alles ist dabei. Als sie dies sangen, fürchteten andere, dass ihnen die Welt um die Ohren fliegt.

Ziemlich laid back muss man auch sein, wenn man versucht, die Band an die Strippe zu bekommen und zu befragen, denn das ist nicht so einfach. Stilecht erwischt man sie dann in Ibiza, wo sie gerade einen Auftritt gespielt haben, bevor sie nach Berlin reisen. Auf ihren speziellen Humor angesprochen, antwortet Gitarrist John Guldberg: „Der dänische Humor spielt sicherlich eine Rolle, wenn wir Musik zusammen machen. Wir jammen oft, und irgendwie schaffen wir immer eine positive Atmosphäre, wenn wir Songs zusammen schreiben.“

Sie scheinen grundehrlich einfach nur froh zu sein, dass ihre Songs so lange Bestand haben: „Solange die Kids heute noch zu unserer Musik grooven, spielen wir natürlich gerne weiter Live-Auftritte.“ Haben sie eine Idee, warum um Songs wie „Bakerman“ solch ein Kult entstehen konnte? „Wenn man nicht zu viel darüber nachdenkt, scheint das der Musik gutzutun, dann ist die Chance größer, dass sie von Dauer ist. Als wir ‚Bakerman‘ und ähnliche Songs geschrieben haben, haben wir nichtunseren Kopf dazu benutzt. Wir haben sie aus dem Bauch heraus geschrieben“, sagt Guldberg ruhig und freundlich, als habe er die Bandprämisse verinnerlicht.

Das Einfache, dadaistisch anmutende, das auch in „Bakerman“ anklingt, hat Laid Back zu einer großen Band gemacht. Genial dabei vielleicht, wie sie zu einer Universalsprache gefunden haben, an der vom Kleinkind bis zum Greis, von Südafrika bis Skandinavien jeder teilhaben kann – in „Bakerman“ verwenden sie etwa den afrikanischen Swahili-Ausdruck „Sagabona kunjani wena“, was so viel heißt wie „Hallo, wie geht’s dir?“.

„Wir versuchen immer optimistisch zu bleiben“, sagt Guldberg und schmunzelt

Während die alten Videos an den Humor von Monty Python erinnern, findet man in späteren, hierzulande völlig untergegangenen Veröffentlichungen wie „Happy Dreamer“ (2005), „Cosmic Vibes“ (2011) und „Cosyland“ (2012) eine Ästhetik, die an „South Park“ erinnert – zum Beispiel im Video zu „Cocaine Cool“. Dass sie mit Klischees und Ästhetiken spielen können, bewiesen sie während ihrer ganzen Karriere. Wenn man feststellt, dass das „Bakerman“-Video ein gewisser Lars von Trier gedreht hat, ist die Verwirrung um diese Band komplett.

In jedem Fall denkt man bei all diesem Keep-cool-Gestus auch: Was kann es bitte gerade in diesem Katastrophensommer Geileres geben, als sich Laid Back anzusehen? Den beiden relaxten Dänen geht es auch darum, ihr Publikum von all dem Bullshit um sie herum abzulenken: „Wir sind peacige Leute, wir lehnen Gewalt ab, wir stellen das komplette Gegenteil dar. Wir wollen, dass die Leute sich entspannen und den Moment genießen, so gut sie es können. Wir versuchen immer optimistisch zu bleiben“, sagt Guldberg nüchtern und schmunzelt.

Derart viel demonstrative Coolness, Witz und Entspanntheit, wie Laid Back sie an den Tag legen, kann nicht schaden. Die beiden Dänen am anderen Ende der Leitung in Ibiza empfehlen gegen Ende des kurzen Telefongesprächs noch, die Badesachen zum Berliner Konzert mitzunehmen, schließlich spielten sie an einem See. Diesen Ratschlag geben wir, wie auch die anderen Messages der Band, gerne weiter.

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