Berliner Szene: Große Klappe
Was heißt berühmt?
Fup bekommt einen Brief von Oma mit 50 Euro drin, damit er sich während der Ferien immer Eis kaufen kann. „Gehört das Geld jetzt mir?“, fragt Fup. „Das steht da“, sage ich. „Dann möchte ich mir zehn Bags davon kaufen“. „Vergiss es. Niemand hat mehr Fußballkarten“, sage ich. „Doch, die Frau im Kiosk hat gesagt, dass sie welche für mich bestellt“, sagt Fup. Er lässt nicht locker. Nach einer halben Stunde bin ich weich geklopft. Immerhin hege ich die Hoffnung, dass „die Frau im Kiosk“ keine mehr bekommen hat. Hat sie aber. Es ist nicht eine „Limmie“ dabei, die einzige Karte, die Fup interessiert. Er gibt mir die Karten und wird sie vermutlich nie wieder angucken. Loser-Karten.
Im Brandi treffe ich einen uralten Freund nach langer Zeit wieder. Ich sage Fup: „Das ist der beste Fußballspieler, mit dem ich jemals zusammengespielt habe.“ – „Wie alt bist du?, fragt Fup. „Rate mal“, sagt mein uralter Freund. „36“, sagt Fup. „Genau. Spielst du auch Fußball?“ – „Ja, ich kann aber besser spielen als du“, sagt Fup. Wieder mal eine große Klappe, denke ich, aber mein uralter Freund ist Pädagoge und sagt: „Ja, du bist bestimmt besser. Ich bin einfach schon zu alt.“
Ich erzähle meinem uralten Freund, dass gerade mein neuer Roman erschienen sei, um ihn auf dem Laufenden zu halten. Als ich ein paar Tage vorher Fup ein frisches Exemplar zeigte und sagte: „Guck mal, hab alles ich geschrieben“, hatte Fup nur ein verächtliches „Na und!“ übrig, ohne von seinen Fußballkarten aufzublicken.
Mein uralter Freund hingegen ist leichter zu beeindrucken und sagt: „Whow!“ Und an Fup gerichtet: „Weißt du, dass du einen berühmten Papa hast?“ Das ist mir jetzt etwas peinlich. Fup sagt, zu mir gewandt: „Ich bin doch auch berühmt, oder?“ Abends, als ich Fup ins Bett bringe, fragt er ganz nebenbei: „Papa, was heißt berühmt?“
Klaus Bittermann
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