Der Filmkunst verpflichtet

WÜRDIGUNG Zum Auftakt Mord: Mit der boshaften, britischen Komödie „Adel verpflichtet“ eröffnet das Hamburger Metropolis-Kino in dieser Woche eine 40 Filme umfassende Werkschau des legendären Göttinger Verleihers Walter Kirchner

Um endlich Herzog zu werden, muss ein junger Adeliger alle acht Verwandten aus dem Weg räumen, die in der Erbfolge vor ihm stehen. In Robert Hamers „Adel verpflichtet“ aus dem Jahr 1949 ist der Mörder ausnahmsweise mal der Langweiler, ein blasierter Streber, von Dennis Price so gespielt, dass man ihn schnell wieder vergisst. Aber seine Opfer verkörpert allesamt Alec Guinness – und so boshaft haben die britische Upper Class erst die Monty-Python-Komiker wieder vorgeführt, gut 20 Jahre später.

Neben „Ladykillers“ von Alexander Mackendrick ist „Adel verpflichtet“ wohl die beste schwarze Komödie aus dem vereinigten Königreich. Immerhin lachen auch die Briten selbst darüber – anders als etwa bei den Miss-Marple-Filmen.

Dass „Adel verpflichtet“ und „Ladykillers“ nicht nur jetzt im Hamburger Metropolis laufen können, sondern dass sie überhaupt erfolgreich in die deutschen Kinos kamen und bis heute in ordentlichen Synchronfassungen verfügbar sind, das alles liegt an Walter Kirchner. Der gründete, noch als Jura-Student, 1953 in Göttingen den Verleih „Neue Filmkunst“, der dann das Weltkino auf die Leinwände im Nachkriegsdeutschland brachte.

In jener Zeit war es durchaus ein Risiko, darauf zu setzen, dass es in Deutschland ein Publikum geben könnte für die Filme von Regisseuren wie Buñuel und Bergmann, Fellini und Cocteau, Kurosawa und Antonioni. In den 60er-Jahren kamen Godard, Cassavetes, Agnés Varda und Jean-Maria Straub dazu.

In den 70er-Jahren ging Kirchner dann pleite: Er hatte versucht, auch noch eine Kette mit Programmkinos aufzubauen. 1975 gründete er den Verleih neu, unter dem Namen „Die Lupe“; die existierte bis 2005. Ende 2009 starb Walter Kirchner im Alter von 86 Jahren in seiner Heimatstadt Göttingen.

Noch eine Besonderheit an Kirchners Wirken – und in den vergangenen Jahren durch mehrere Ausstellungen und Kataloge gewürdigt – waren die modernen und grafisch originellen Filmplakate, zumeist von Hans Hillmann entworfen.

Das Kommunalkino Metropolis nimmt nun gleich eine groß angelegte Retrospektive Filme in Angriff. Unter dem Titel „Neue Filmkunst Resurrected“ zeigt es in den nächsten Monaten insgesamt 40 Spielfilme und ein Kurzfilmprogramm, organisiert in thematische Blöcke, zu Beginn eben drei britische Arbeiten mit Alec Guinness – neben „Adel verpflichtet“ und „Ladxykillers“ noch „Der Schlüssel zum Paradies“ (1952).

Im August folgt ein kleiner Block mit 50er-Jahre-Filmen aus Frankreich, offiziell eröffnet wird die Werkschau dann erst im September mit der Wiederaufführung von „Das Leben beginnt morgen“ mit den anderweitig Prominenten Jean-Paul Sartre, Pablo Picasso und André Gide (1949). Ein 144 Seiten dicker Katalog, auch mit Plakaten darin, ist schon jetzt an der Kinokasse erhältlich. Hip