VERKEHR Nach dem ersten tödlichen Unfall gibt es Streit über selbst fahrende Autos: Kunden als Versuchskaninchen
BERLIN taz | In der Diskussion über die Ursache des ersten tödlichen Unfalls mit einem softwaregesteuerten Auto auf einem US-Highway hat sich nun einer der Zulieferer des Herstellers Tesla zu Wort gemeldet. „Die heutigen Systeme zur Unfallvermeidung und das automatische Bremsen sind speziell dafür entwickelt, Auffahrunfälle zu verhindern“, teilte Dan Galves, Sprecher der israelischen Firma Mobileye, der US-Internetwebsite Techcrunch mit. Für das Erkennen von Situationen, in denen andere Fahrzeuge beim Abbiegen die Spur queren, seien sie noch nicht ausgelegt. Das werde erst ab 2018 der Fall sein.
In der vergangenen Woche war bekannt geworden, dass erstmals ein Mensch bei einem Unfall in einem durch Software gesteuerten Fahrzeug ums Leben gekommen war. Das Tesla-Modell wird nicht komplett von einem Autopiloten gesteuert, die Software übernimmt aber einzelne Aufgaben, etwa das Anpassen der Geschwindigkeit, Bremsen und Spurwechsel.
Der Unfall passierte, als ein Sattelzug von der gegenüber liegenden Spur vor dem auf dem Highway befindlichen Unfallfahrer die Straße querte. Tesla geht derzeit davon aus, dass die Kamera des Pkws den Sattelzug wegen seiner weißen Seitenfläche nicht als solchen erkannte, sondern mit einem hoch hängenden Schild verwechselte.
Der Zulieferer Mobileye ist in der Branche kein Unbekannter: Die Firma gab Anfang des Monats eine Kooperation mit BMW und dem Technologiekonzern Intel bekannt. Das Ziel: autonome Fahrzeuge bis 2021 serienreif zu machen. Tesla widersprach gegenüber der Website Electrek den Vorwürfen. Die Technik der Zulieferer sei nur ein Teil des Systems. Seit Januar erkenne der Autopilot auch querende Fahrzeuge und löse dann eine Notbremsung aus.
Kritik gibt es jedoch auch an Teslas Vermarktung der Softwaresteuerung. Nicht nur weil das Unternehmen von einem „Autopiloten“ spricht, aber lediglich einzelne Prozesse des Fahrens automatisiert sind. Sondern auch weil Tesla nach Bekanntwerden des Unfalls erklärte, die Software befinde sich noch im Betastadium – sei also noch nicht ausgereift.
Fahrer müssen beim Aktivieren des Autopiloten zwar einen entsprechenden Hinweis bestätigen und sollen die Hände am Steuer lassen. In der Praxis scheint das aber nicht die Regel zu sein. So kursieren im Internet diverse Aufnahmen von Menschen, die sich im fahrenden Auto filmen, ohne die Hände am Steuer zu haben.
Derweil wurde bekannt, dass es in der Vergangenheit bereits weitere Unfälle gegeben hatte, bei denen die Softwaresteuerung aktiviert war. Dem Wall Street Journal sagte ein Tesla-Sprecher, dass es einige Unfälle ohne tödliche Folgen gegeben habe. In dieser Woche war ein Unfall in Pennsylvania bekannt geworden, bei dem ein Tesla gegen die Leitplanke gefahren war und sich überschlagen hatte. Die beiden Insassen wurden verletzt. Ob in diesem Fall ein Mensch oder die Software gesteuert hat, ist allerdings noch ungeklärt. sve
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