: „Es fehlt an einem praktischen Konzept“
Nachwuchs Auch QuereinsteigerInnen werden im Schuldienst umworben – das Fazit ist gemischt
28, ist Referendarin an der Hans-Fallada-Schule in Neukölln. Sie ist die Vorsitzende des Personalrats der LehramtsanwärterInnen.
taz: Frau Skoruppa, der Lehrermangel ist ein Dauerthema in Berlin. Deshalb sitzen immer mehr QuereinsteigerInnen in den Referendariats-Seminaren, die gar kein Lehramtsstudium absolviert hatten. Was berichten Ihre KommilitonInnen: Geht das eigentlich gut?
Vanessa Skoruppa: Geht so. Es ist ja grundsätzlich erst mal keine schlechte Idee, die Schule für Leute mit einem anderen beruflichen Hintergrund zu öffnen. Das kann auch bereichernd sein. Aber es fehlt einfach an einem Konzept, wie man der Quereinsteiger-Idee in der Ausbildung praktisch begegnen will.
Was meinen Sie damit?
Nicht jeder Seminarleiter schafft es, auf das sehr unterschiedliche Vorwissen gut einzugehen. Da sitzen jetzt plötzlich Leute in den Seminaren, die mit Pädagogik vorher nichts am Hut hatten und zum Beispiel noch mal wissen wollen, wie man Kindern eigentlich Lesen und Schreiben beibringt. Was ja verständlich ist, immerhin müssen die Quereinsteiger gleich selbstständig vor der Klasse stehen, teilweise sogar als Klassenlehrer.
Das Angebot des „berufsbegleitenden Referendariats“, bei dem man schon zu Ausbildungsbeginn 19 Wochenstunden selbstständig unterrichtet, gilt inzwischen auch für die regulären LehrämtlerInnen …
Die Bildungsverwaltung hat eben alle verfügbaren Register gezogen, um den Lehrermangel zu decken. Natürlich sollte jeder selbst entscheiden, ob er dieses Angebot gut findet, man wird ja nicht dazu gezwungen. Andererseits wird da auch eine Ausbildungssituation in eine Arbeitssituation umgewandelt – nur, um mehr Stunden in die Schulen zu geben. Das ist kein gutes Signal.
Was ist mit den MentorInnen, die QuereinsteigerInnen zur Seite gestellt bekommen?
Das ist grundsätzlich gut. Umso unverständlicher ist es, dass die regulären Referendare diese Mentorenstunden nicht erhalten. Und wenn doch, dann betreuen einen die Lehrer freiwillig, wie das auch bei mir der Fall ist. Das hat aber auch zur Folge, dass man sich ständig als Bittstellerin fühlt. Es wäre schön, wenn die Debatte über den Lehrermangel endlich auch eine grundsätzliche Debatte über die Ausbildungsbedingungen in Berlin nach sich ziehen würde. Im Moment hat man das Gefühl: Die Dringlichkeit, mit der man besonders uns Grundschullehrer braucht, und die Qualität, die man in unsere Ausbildung investiert, stehen in einem ziemlichen Missverhältnis.
Anna Klöpper
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