Geht’s noch?
: Sucht nicht in der Software!

Ein Mensch stirbt bei einem Autounfall. Was nun heiß diskutiert wird – weil sein Fahrzeug per Autopilot fuhr. Was für ein Unsinn

Ein Unfall, auf einem Highway in Florida. Ein Pkw, geradeaus unterwegs, fährt ungebremst in einen Sattelzug, der, von der entgegenkommenden Spur kommend, vor ihm abbiegt. Warum das eine Nachricht ist, wo es fiese Unfälle doch schließlich jeden Tag gibt? Weil zwar ein Mensch am Steuer saß, doch eingeschaltet war der Autopilot. Software, Algorithmen, deren Auswirkungen dazu führen, dass jemand stirbt, das ist der ultimative Grusel. Und schon beginnt eine Diskussion darüber, ob man eine Etablierung dieser Technik noch verhindern kann. Oder ob sie jetzt sowieso am Ende ist.

Ernsthaft? Angesichts eines einzigen tödlichen Unfalls – nach über 200 Millionen von softwaregesteuerten Autokilometern bei Tesla und gut 2,5 Millionen bei den Tests von Google?

Natürlich, die Zahl der per Autopilot gefahrenen Kilometer ist noch klein. Und es ist noch offen, ob das Versprechen der Hersteller erfüllt wird, mit den selbst fahrenden Autos die Verkehrssicherheit zu steigern. Aber schon jetzt zeichnet sich ab: Die Automatikautos fahren deutlich defensiver als ein Mensch. Und geraten dadurch – welche Ironie – immer mal wieder in Auffahrunfälle, und zwar weil der Mensch, der das auffahrende Fahrzeug steuert, nicht rechtzeitig bremst.

Dabei gäbe es grundsätzlich noch einige offene Fragen zu selbst fahrenden Autos: Ist es Zufall, dass sie bevorzugt in Schönwettergegenden unterwegs sind? Was heißt das für den Betrieb auf Straßen mit Glatteis, Schnee und nicht mehr sichtbaren Markierungen? Und wie sieht es mit dem Schutz vor Hackerangriffen aus? Diskussionen über all das wären zielführender als eine diffuse Technikangst.

Denn was angesichts dieser Angst aus dem Fokus gerät, ist der Alltag auf unseren Straßen. Im Schnitt etwa zehn Verkehrstote gibt es in Deutschland. Pro Tag. Vielleicht könnte Technik diese Zahl reduzieren, aber das ist gar nicht der Punkt. Denn auch ohne dass alle Autos mit automatischen Bremsen, alle Radfahrer mit Kameras und alle Fußgänger, Rollstuhlfahrer, Skateboarder, Rollatoren und Kinderwagen mit Abstandssensoren ausgestattet sind, sollte sich etwas ändern. Im Umgang miteinander. Und das beginnt nicht in der Software. Sondern im Kopf. Svenja Bergt