Wochenschnack
:

Jurareferendarin in Bayern

„Ich will im Gerichtssaal überhaupt keine religiösen Symbole sehen, weder Kruzifixe noch Kopftücher! Schon gar nicht bei Repräsentanten des Staates. Eine Richterin mit Kopftuch würde ich wegen Befangenheit ablehnen, eine mit Kreuz auch“

SCASPENER ZU „KOPFTUCHVERBOT IST UNZULÄSSIG“, TAZ.DE VOM 30. 6. 16

die tageszeitung | Rudi-Dutschke-Straße 23 | 10969 Berlin | briefe@taz.de | www.taz.de/zeitung

Die Redaktion behält sich Abdruck und Kürzen von LeserInnenbriefen vor.

Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der taz wieder.

Die EU kann besser werden

brexit Wie es nach dem Referendum mit der EU und Großbritannien weitergehen könnte, das beschäftigt auch unsere LeserInnen

Flaggen im EU-Wind: Nach dem Referendum ohne die britische Foto: ap

Wochenschnack
:

Jurareferendarin in Bayern

„Ich will im Gerichtssaal überhaupt keine religiösen Symbole sehen, weder Kruzifixe noch Kopftücher! Schon gar nicht bei Repräsentanten des Staates. Eine Richterin mit Kopftuch würde ich wegen Befangenheit ablehnen, eine mit Kreuz auch“

SCASPENER ZU „KOPFTUCHVERBOT IST UNZULÄSSIG“, TAZ.DE VOM 30. 6. 16

die tageszeitung | Rudi-Dutschke-Straße 23 | 10969 Berlin | briefe@taz.de | www.taz.de/zeitung

Die Redaktion behält sich Abdruck und Kürzen von LeserInnenbriefen vor.

Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der taz wieder.

Einfältige Sicht

betr.: „Die Alten machen uns fertig“, taz vom 29. 6.16

Seit dem Brexit wird unaufhörlich auf den „Alten“ herumgehackt. Schnell hat man die Schuldigen für das Versagen der „Jungen“ gefunden. Eine ziemlich einfältige Stammtisch-Sichtweise! Was soll das?

Seid ihr verwöhnten, verhätschelten, angepassten Neo-Spießer mit Sterntalermentalität nicht in der Lage, eure puderzuckerbestäubten Ärsche selbst in Bewegung zu setzen? Gerade einmal 36 Prozent der 18- bis 24-Jährigen beziehungsweise 58 Prozent der 25- bis 34-Jährigen sind zur Wahl gegangen. Ist das eure Vorstellung von Demokratie?

Vielleicht ist der Brexit jetzt für euch das Beste, was passieren konnte, weil es nämlich ein „Weiter so wie bisher“ in der EU nicht geben kann und darf! Man denke nur mal daran, mit welcher Arroganz Merkel, Schäuble und die Troika allein die Herren Tsipras und Varoufakis am Nasenring vorgeführt haben. Es ist absolut erstrebenswert, als EuropäerIn in einem offenen, friedlichen Europa zu leben , aber in einem sozial Gerechten. Haben viele „alte“ Brexit-Befürworter auch so gedacht?

GERLINDE HÖLZEL, Darmstadt

Ein Friedensprojekt

betr.: „Well done, little Britain“,taz vom 25. 6. 16

Nun hat es Europa also schriftlich: Großbritannien, derzeit noch bestehend aus dem Vereinigten Königreich und Nordirland, will das europäische Haus nach 43 Jahren Teilgabe, Teilhabe und Sonderwegen mehrheitlich verlassen.

Die Schnittstelle, die der Brexit, aber auch der Vorlauf zu diesem Referendums unabweisbar offengelegt hat, gilt es jetzt für ein politisches und demokratisches Update der EU zu nutzen. Die europäische Politik benötigt mehr denn je einen klaren Kompass, eine (neue) Definition, was die Europäische Union sein und leisten soll. Dazu braucht sie aufrichtige Makler, die den Menschen Perspektiven, Alternativen und Notwendigkeiten aufzeigen, deren sachliche Informationen und Kritiken in ehrlichen und transparenten Diskursen ausgetauscht werden und die nicht zuletzt wieder deutlich mehr gegenseitigen Respekt und Toleranz vermitteln. Ansonsten droht die europäische Idee früher als später zur Makulatur, Europa weiter zu einer Gemeinschaft der begrenzten Möglichkeiten zu verfallen.

Last but not least (diese kleine Reminiszenz an unsere britischen Freunde sei erlaubt) sollten wir bei all dem berechtigten Frust und Ärger über die europäischen Regierungen, die EU und den Brexit nicht vergessen: Europa war und ist noch immer ein großartiges Friedensprojekt, auf das nach wie vor aufgebaut werden kann.

IRA BARTSCH, Lichtenau-Herbram

Es geht weiter

betr.: „Well done, little Britain“,taz vom 25. 6. 16

Little Britain raus, so what? Warum sind alle so aufgeregt, insbesondere Banker und Journalisten. Leider, wie immer, überwiegend negativ.

Fast niemand sieht die Chance. Wie lange hatten die Briten verhindert, dass die EU zu wirklichen Vereinigten Staaten von Europa wird? Warum crashen Aktien und Währungen, wir sind doch alle noch da und gesund, wie am Abend zuvor. Die alle hätten cool bleiben können, alle Kurse lassen.

Wir sind 27 wunderbare Länder, mit tollen Menschen. Last uns zusammen feiern und weitermachen. Die Briten können ganz raus mit den Banken und EasyJet und aus Erasmus und ohne mehr Annehmlichkeiten als Georgien oder Armenien. Sie können sich in 15 Jahren ja bewerben – ohne Bonus. Alles verläuft in Wellen, geht nun mal nicht anders.

Lassen wir uns nicht von ein paar älteren Leuten von der Mitte der Insel einreden, bei uns geht’s nicht weiter. Die EU kann noch viel besser werden, mit oder ohne.

TOBIAS LANGE, Hamburg

Unkluge Strategie

betr.: „Well done, Little Britain“,taz vom 25. 6. 16

Mister Cameron ist in genau die Grube gestürzt, mit der er den anderen EU-Mitgliedsstaaten schon seit Jahren drohte. Mit der Drohkeule Brexit wollte er noch mehr ökonomische Vorteile für die britische Wirtschaft erzwingen und Gemeinschaftsaufgaben von seinem Land abwehren. Es sollte eine kluge Strategie sein. Doch wer spielt, wird bald von niemandem mehr ernst genommen.

Die Geister, die Cameron kreierte, auf das politische Feld rief und salonfähig machte, haben in GB nun die Stimmungsmacht übernommen, und diese national betonte Stimmung wird in Europa noch schwere Verwerfungen bewerkstelligen. Die europäische Rechte jubelt und freut sich jetzt diebisch.

Und woher kam Camerons Ungeist? Aus Realitätsverlust über die Lage und Stimmung der nicht spekulierenden, sondern unterbezahlt arbeitenden und also missmutigen Menschen. Diese Stimmung sichtbar gemacht zu haben, kann durchaus „Well done“ genannt werden.

RALPH BERTHOLD, Berlin

Aufwachen

betr.: „Die Wende zum Guten“,taz vom 28. 6. 16

Der Brexit bietet mehr als das Cameron’sche Hineinstolpern in seine Falle: Aufwachen. Gesine Schwan weist richtig auf die Möglichkeiten eines Neuanfangs hin, wo die Bürger vor Ort in den Kommunen direkt erleben, dass sie gefragt sind und mitgestalten können. Dass Merkels und Schäubles neoliberale Politik das Auspressen der südlichen Mitgliedsstaaten wie unserer Infrastruktur einerseits mit dem ungeheuren Wirtschaftsgefälle zu Gunsten von Deutschlands Banken Bankenpolitik und der Vernichtung lebenermöglichender Arbeitsplätze Hauptakteure der Gefährdung der Union sind, ist das eine, das Konstrukt der EU-Kommission und ihrer Lenker das andere, denn sie handeln – wie man an Glyphosat/Ceta/TTIP sehen kann, wie fremdgesteuert durch lobbygetriebene Interessen weitgehend außerhalb parlamentarischer Kontrolle. Das will ich nicht! So eine EU sollte baden gehen mitsamt ihrem Vertragssystem. Das EU-Parlament muss nicht nur mehr, sondern die Verantwortung bekommen, nicht die unheiligen drei Könige, ein Dreigespann abgehalfterter Politiker wie Juncker, Schulz und Tusk.

ERNST-F. HARMSEN, Berlin

EU-Neustart

betr.: „Die Wende zum Guten“, taz.de vom 28. 6. 16

Liebe Gesine Schwan, danke für diese klaren und positiven Gedanken!

Die Kommunen sind längst „wichtige Akteure in dieser Wende zum Guten“, vor allem die Zivilgesellschaft in den Kommunen. Also wir alle. Nur: die „große“ Politik und die sich selbst zerlegenden Parteien folgen der technokratischen „Sachzwang“-Logik der Lobbyisten und „zerregeln“ die Wende, bevor sie an Dynamik gewinnt. Siehe EEG-Deform. Siehe Bankenrettung. Siehe Dieselgate. Siehe Bio-Landbau …

Die EU hat zu viel Vergangenheit (Euratom, Montanunion) und zu wenig Zukunft (Subsidiarität), zu viel Lobbykratie und zu wenig kommunale Selbstverwaltung. Das muss ein EU-Neustart umkehren, sonst hat die EU keine Zukunft.

SEBASTIAN BÜTTNER, taz.de