piwik no script img

Trügerischer Inselfrieden für Alte

Heim-Missstände

Mehrere Angehörige von BewohnerInnen des Altenheims „Inselfrieden“ auf Norderney haben Strafanzeige bei der Polizei gestellt wegen Hygienemängeln und unzureichender medizinischer Versorgung. Die Staatsanwaltschaft Aurich ermittelt jetzt wegen des Verdachts auf fahrlässige Körperverletzung.

Eine kotverschmierte Toilettenbrille und die Hände eines „Inselfrieden“-Bewohners, schmutzstarrend bis unter die Fingernägel, eine Notfallklingel, die in einem Lampenschirm versteckt ist: Zu sehen sind diese Fotos auf der Homepage des NDR, der die Missstände in der vergangenen Woche publik gemacht hat. Aufgenommen wurden sie im Altenheim „Inselfrieden.“

Nicht nur dreckig, auch lebensgefährlich soll es in der Einrichtung noch bis vor Kurzem gewesen sein: Medikamente und Sauerstoff sollen nur unregelmäßig verabreicht worden sein. Ein alter Mann habe im vergangenen Herbst nach nur 14 Tagen im Haus „Inselfrieden“ dehydriert und wundgelegen ins Krankenhaus gebracht werden müssen.

Das Heim ist pleite, am 13. Juni hat es Insolvenz angemeldet. Das Personal bekam monatelang nur unregelmäßig Geld. Pflegedienstleiter Thorsten Heymann, der im April die Heimleitung übernommen hatte, kaufte aus eigener Tasche Lebensmittel für die Einrichtung, weil das Hauskonto leer war.

Erstaunlicherweise erhielt das Heim noch im Januar vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) die Durchschnittsnote 1,1. Im Mai stellte er dann erhebliche technische und pflegerische Mängel fest – es drohte wegen Personalmangels die Verlegung der 20 BewohnerInnen in andere Einrichtungen. Durch Spenden und die Hilfe Ehrenamtlicher konnte das abgewendet werden. Nun wird ein neuer Betreiber gesucht, der das Heim möglichst schon am ersten August übernehmen kann.

Die Noch-Betreiberin des „Inselfriedens“, Bettina Keuthen aus Bersenbrück, ist bereits seit Oktober im Visier der Staatsanwaltschaft: Sie soll im ebenfalls von ihr betriebenen „Haus der Heimat“ in Hedemünden Gelder veruntreut haben. SCHN

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen