Gewinner auf Reisen

TOURNEE Verschiedene Formen: Das City 46 in Bremen zeigt eine Auswahl von Preisträgern und Nominierten des Deutschen Kurzfilmpreises

Für Kurzfilme ist in den Kinos wenig Platz. Will man sie trotzdem dort präsentieren, muss man muss sich schon etwas einfallen lassen. Der Bundesverband Deutscher Kurzfilm – kurz: AG Kurzfilm – hat da eine elegante Lösung gefunden: Jedes Jahr vergibt die AG in verschiedenen Kategorien den „Deutschen Kurzfilmpreis“ und schickt die Gewinner, aber auch einige der nominierten Filme, danach auf Tour. Schmankerl für die Kinobetreiber: Sie können sich aus insgesamt 13 Filmen selbst ein Programm zusammenstellen.

So zeigt etwa das Bremer City 46 nun nur zwei der fünf Preisträger, dafür werden aber vier nominierte Filme gezeigt. Persönlich vorstellen wird Laura Lehmus ihren Animationsfilm „Alienation“, für den sie 2015 einen Kurzfilmpreis in Gold bekam. In sechs Minuten wird darin die Welt junger Pubertierender vorgestellt, die nicht nur den anderen, sondern auch sich selbst fremd geworden sind. Lehmus arbeitet dabei mit einem originellen Trick: Auf der Tonspur erzählen Jugendliche davon, wie seltsam ihr Leben in der Pubertät geworden ist; diese Protagonisten verkörpern dann Trickfilmfiguren, animiert auf ganz unterschiedliche Weise.

Eine einfallsreiche Kombination von Ton und Bild hat auch Angelika Herta für „Der beste Weg“ gefunden, einen experimentellen Dokumentarfilm über Blinde – aber auch für sie: Jede wichtige Information erhalten hier nämlich auch Nichtsehende. Eine blinde Frau spricht in ihr Diktiergerät, beschreibt zum teils sehr komisch und gewürzt mit vielen Flüchen, wie schwer es für sie ist, unter den Sehenden zu leben, wie unsensibel die ihr oft begegnen – und wie sie sich gegen sie behaupten kann.

Wie jedes gute Kurzfilmprogramm überrascht auch das nun in Bremen gezeigte durch die Bandbreite an Stilformen, Themen und Stimmungen: So handelt Annika Pinskes 27-Minuten-Spielfilm „Spielt keine Rolle“ davon, wie Mutter und Tochter den Tod des Vaters bewältigen. In der Dokumentation „Hinter dem Wald“ von Francesca Bertin und Leonhard Kaufmann sprechen Dorfbewohner am Gartenzaun über ein geheimnisvolles Gelände, das niemand betreten darf. Der Trickfilm „Roadtrip“ wiederum erzählt von einem jungen Berliner Mopedfahrer, der unter Schlaflosigkeit leidet – und wirkt dabei genauso verspielt wie das Pseudonym seines Machers: Xaver Xylophon.

Als zweiter Preisträgerfilm ist heute „Freedom & Independence“ von Björn Melhus zu sehen. Darin spricht der Filmemacher synchron und in bizarren Verkleidungen Sätze aus apokalyptischen Mainstreamfilmen und Originalzitate von der Prophetin des Neoliberalismus Ayn Rand nach. HIP

heute, 20.30 Uhr, Bremen, City 46

www.kurzfilmtournee.de