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Berliner SzenenEin Buchstabe nur

Deutscher Zahn

Mist, denke ich. Ist es so weit? Zeit für die Dritten?

Einmal im Jahr steht Zahnärztin an und ich gehe da hin, ganz vorbildlich. Meine Zahnärztin ist auch vorbildlich: Im Bad liegen Zahnbürsten bereit, falls man vergessen hat zu putzen, im Wartezimmer hört man den Bohrer nicht allzu doll, und falls doch, gibt’s¹nen riesigen Stapel Zeitschriften da, zum Ablenken, um sich schnell in andere Welten zu vergraben. Über Jahre sind die gesammelt.

Als ich reinkomme, fällt mein Blick auf eine Schlagzeile, groß und knallig und thematisch voll passend: „Braucht Deutschland einen Zahn?“ Obwohl, so ganz neu ist die Schlagzeile nicht, monatelang liegt diese Frage hier jetzt schon rum, laut Datum auf dem Titel. Egal, es ist spannend, denn ich glaube da dran: Mikro- und Makrokosmos, wie im Kleinen so auch im Großen, und wenn Deutschland jetzt einen Zahn braucht, dann ich bestimmt auch. Und leider sieht’s erst mal so aus, denn unter der Schlagzeile ist ein Adler gezeichnet und dessen Schnabel steht offen, so offen, dass eindeutig ist: kein einziger Zahn.

Mist, denke ich. Ist es so weit? Zeit für die Dritten, Gebiss und so? Aber dann beruhige ich mich, erst ein kleines bisschen nur, als mir einfällt, dass Vögel doch gar keine Zähne haben, und dann ein ganzes Stückchen mehr, als mir auffällt, dass da nicht steht, ob Deutschland ’nen Zahn braucht, sondern ob einen Zaun.

Ach so, denke ich, und fast bin ich enttäuscht: nix Mikro- und Makrokosmos heute. Aber dann denke ich: Doch! Weil Zahn und Zaun – was ist da der Unterschied? Ein Buchstabe nur: u oder h. Und Za_n mit u brauch ich nicht, also wird meine Zahnärztin auch nicht gleich sagen, dass ich Za_n mit h brauche.

Und das tut sie auch nicht, und weil sie’s nicht tut, tu ich dann was: Ich nehme „Braucht Deutschland einen Zaun?“ mit als Beweis, dass doch Mikro und Makro und Kosmos und so, überall, auch im Wartezimmer, kein h, kein u, kein Zahn, kein Zaun, und so sollte es von mir aus auch ewig noch sein. Joey Juschka

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