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Inszenierungskünstlerin

Kunst Unter dem Titel „Dominique Gonzalez-Foerster 1887–2058“ gibt die Kunstsammlung NRW im K20 in Düsseldorf Einblick in das 25 Jahre umfassende Schaffen der französischen Konzeptkünstlerin

VON Julia Gwendolyn Schneider

Die Idee einer Retrospektive ist für viele Künstler eine Herausforderung. Die 1965 in Straßburg geborene Künstlerin Dominique Gonzalez-Foerster geht damit geschickt um. Ihr Ausstellungstitel „Dominique Gonzalez-Foerster, 1887–2058“ spielt mit der gebräuchlichen Praxis, das älteste und das aktuellste Werk zu verknüpfen, und tut doch etwas anderes. Er ruft Gonzalez-Foersters ganz eigene künstlerisch-mentale Zeitspanne auf. Die Ausstellung funktioniert nicht chronologisch, sondern im Sinne einer Zeitmaschine. Im K20 in Düsseldorf präsentiert sich ein räumliches Labyrinth, das eine 25-jährige Schaffens­periode (1991­–2016) umfasst.

Das Jahr 1887 ist mit der Arbeit „Splendide Hotel (annexe)“ (2015) verbunden, einer Dependance des imaginären Hotels, das 2014 im Palacio de Cristal in Madrid zu sehen war. 1887 wurde der dortige Glaspalast errichtet. Geschickt hat Gonzalez-Foerster das Raum-Bild, das sie für den historischen Palast kreierte, in ihre Retrospektive transferiert. Auf einem altertümlichen Teppich stehen zahlreiche Thonet-Schaukelstühle, die gläserne Museumsfassade und eine Spiegelwand rufen die Atmosphäre des Kristallpalastes wach. Man kann verweilen und findet in einem Buch ein verschachteltes Verweissystem, das sich dem Jahr 1887 widmet – ein Zeitpunkt, zu dem beispielsweise Marcel Duchamp geboren wurde, Étienne-Jules Marey die Chronofotografie erfand und Giuseppe Verdi die Oper „Otello“ komponierte. Mit solchen Referenzen taucht das „Splendide Hotel“ in die Zeit des ausgehenden 19. Jahrhunderts ein.

Der angrenzende Raum blickt hingegen auf das Jahr 2066. Er zeigt eine Weiterführung der Arbeit „TH.2058“, die 2008 in der Turbine Hall der Tate Modern zu sehen war. Gonzalez-Foerster hatte mit Stockbetten einen Schutzraum für Klimaflüchtlinge und Kunstwerke errichtete, moderne Skulpturen etwa von Louise Bourgeoise und Alexander Calder, die durch unaufhörlichen Regen gewachsen waren, fanden hier Zuflucht. Die neue Fassung zeigt vergrößerte Nachbildungen von Skulpturen aus Düsseldorf und der Region. Es tauchen beispielsweise Katharina Fritschs „Gelbe Madonna“ und ein Nashorn von Johannes Brus auf.

Die Ausstellung funktioniert nicht chronologisch, sondern im Sinne einer Zeitmaschine

Regen bildet bei Gonzalez-Foerster aber nicht nur ein dystopisches Szenario. Er taucht an einer anderen Stelle, und zwar verwirrend echt, erneut auf. Entlang eines Korridors verbreitet sich die Atmosphäre eines nicht enden wollenden tropischen Regenschauers, der unweigerlich in die Wahrnehmung der vorbeigehenden Besucher eindringt. Man wird nicht nass, nimmt den Regen aber akustisch über zahlreich in der Wand verborgene Lautsprecher wahr. Der Künstlerin ist es wichtig, dass Kunst nicht nur optisch erfahren wird, sondern möglichst viele Wahrnehmungsebenen anspricht.

Eine frühe Arbeit „Une chambre en ville“ (1996) zeigt einen überaus minimalistisch eingerichteten Raum, der nur mit einem winzigen TV-Apparat, einem Kabeltelefon und einem Zeitschriftenhaufen ausgestattet ist. Das sieht wie eine Bühne aus, auf der eine Geschichte erzählt werden soll, zu der es aber nur spärliche Anhaltspunkte gibt. Das Zimmer überrascht dann durch seine unvorhersehbare Beleuchtung, die zwischen roten, blauen und gelben Lichtverhältnissen changiert.

Während die überdimen­sio­nierten Skulpturen und Betten dicht gedrängt beieinanderstehen, ist „Brasilia Hall“ (1998/2000) ein weiter, geradezu leerer Raum. Ein weitläufig ausgelegter grasgrüner Teppich führt auf eine weiße Wand, die mit einem winzigen Bildschirm lockt. Hier läuft ein Film über die modernistische Stadtutopie Brasília, eine Hommage an Oscar Niemeyers und Lúcio Costas Brasíliakomplex, dessen Ziel es war offene, demokratische Räume zu schaffen.

Räume und Orte sind für Gonzalez-Foersters Werk von Anfang an bedeutungsvoll. Das rührt aus ihrem Bedürfnis her, mit der Umgebung, die um sie existiert, in einen Dialog zu treten. So setzt sie auch Düsseldorf ein Denkmal, dort, wo sie Mitte der 1980er Jahre kurz an der Kunstakademie studiert hatte. Rosafarbene Wände zu Beginn und am Ende des Ausstellungs-Parcours beziehen sich auf die Fassade des Düsseldorfer Schlosses Benrath.

Eine dieser Wände zeigt das Gemälde „Schwarzer Fürst“ (1927) von Paul Klee aus der Kunstsammlung NRW. Aber die Bezüge reichen weiter, spielt doch jener Fürst eine zentrale Rolle in einer Geschichte des Autors Enrique Vila-Matas, in dessen Texten zuweilen auch die Künstlerin und ihre Werke auftauchen und genau jenen offenen Schwebezustand von Realität und Fiktion schaffen, um den es bei Gonzalez-Foerster immer wieder geht.

bis 7. August, Kunstsammlung NRW/K20. Katalog (Prestel Verlag) 49,95 Euro

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