„Gestorben, verschwunden“

VORTRAG Wael Garnaoui und Sinda Garziz klären über die Situation afrikanischer Flüchtlinge auf

■ 22, kommt aus Tunis, studiert Psychologie und ist Aktivistin beim Netzwerk für den Kampf für Bewegungsfreiheit.

taz: Frau Gardziz, Sie gehören dem tunesischen Netzwerk für den Kampf für Bewegungsfreiheit an. Wofür oder wogegen kämpfen Sie da genau?

Sinda Garziz: Als Teil des transnationalen Netzwerks Boats4People ist es uns ein Anliegen, dass dem Sterben von Flüchtlingen auf dem Mittelmeer endlich ein Ende gesetzt wird. 2011 sind über 1.500 Menschen bei dem Versuch, in kaputten, überfüllten Booten über das Meer zu fliehen, gestorben oder verschwunden. Viele Angehörige wissen nicht, was mit ihnen passiert ist, ob sie tot sind oder im Gefängnis, ob sie in Europa sind oder in Afrika. Sowohl Tunesien als auch Italien verweigern ihnen jegliche Informationen.

Viele dieser Menschen waren vorher im Flüchtlingslager Camp Coucha im Süden Tunesiens. Wie sind die Zustände dort?

Ganz schlimm, ich war selber vor drei Wochen da. Da sind Menschen aus dem Sudan, aus Somalia und Eritrea, aus Sierra Leone, dem Tschad und Libyen. Es gibt viel zu wenig zu essen, und gerade die rund zweihundert libyschen Flüchtlinge haben nur die Wahl zwischen Hunger, Rückkehr in ihre Heimat – oder sich auf den gefährlichen Weg übers Meer zu machen.

Durch welche Aktionen machen Sie auf die Boatpeople aufmerksam?

Durch Kundgebungen sowohl in Afrika als auch in Europa, durch medienwirksame Aktionen wie Bootstouren von Lampedusa nach Tunesien oder durch Abende wie den heutigen: Da reden wir über die Situation der Flüchtlinge und zeigen ein paar Kurzfilme, einen ironischen über den „summer of revolution“ und zwei, die sich mit der Forderung nach Bewegungsfreiheit auf dem Meer und dem Coucha-Camp beschäftigen – gerade über dieses Flüchtlingslager wissen die Menschen in Europa noch viel zu wenig.  Interview: SCHN

20 Uhr, Bonbonfabrik, Hardenbergstr. 50 - 54