Sprache so, ey

Wenn Musiker auf Deutsch über Liebe singen, möchte man ihnen meist empfehlen, sofort damit aufzuhören. Eine Leistung ist daher gar nicht hoch genug anzuerkennen: Udo Lindenberg hat ergreifende Liebeslieder auf Deutsch komponiert.

Dazu zählen politische Songs wie der Chanson „Mädchen aus Ostberlin“ (1973), das rockigere „Du knallst in mein Leben“ (1983), selbst Spätwerke wie „Ich lieb dich überhaupt nicht mehr“ (1988) – im Prinzip simple Schlager – entwickeln eigene Kraft. Friedrich Hollaenders „Ich weiß nicht, zu wem ich gehöre“ kann niemand singen wie Marlene Dietrich – Lindenberg ausgenommen. Man könnte weiter aufzählen: „Radio Song“ (1976) und „Bitte keine Love Story“ (1974) sind (wieder) zu entdecken.

Gemein ist diesen Songs, dass sie musikalisch recht gewöhnlich sind. Ja, teils kitschnah und einfallslos. Als Songs, das kann man anhand von Coverversionen studieren, funktionieren sie durch Lindenbergs Gesang. Es braucht das Spröde, das Schwache, das Coole in Lindenbergs Stimme, um diese Songs zu dem zu machen, was sie sind.

Zum Lindenberg-Sound gehören auch Texte. Nur er konnte in der Bundesrepublik über „so ein ganz heißes Mädchen aus Pankow“ singen, das er gern treffen würde, wären da nicht „Nervereien“ mit dem „Tagesschein“ und so, „ey“. Kleinigkeiten in Performance und Sprache machen die Songs unverwechselbar. Lindenberg singt nicht nur alltäglich, nachvollziehbar über Liebe, sondern auch in eigener Udo-Diktion – aus der Liebsten wird etwa die „Komplizin“.

Noch etwas ist angenehm: Es drückt nicht all das Gewicht der Welt, auch nichts Larmoyantes, auf seine Musik. Immer wirkt es leicht und lakonisch, auch das unterscheidet Lindenberg von den pathosbeladenen Sängerinnen und Sängern des Landes. Am Ende empfiehlt Lindenberg, wie in „Bitte keine Love Story“, Hausmittel gegen Kummer: „Dann renn’ich in die nächste Kneipe und besaufe mich total / Oder ich werfe Beruhigungspillen ein / Das müssen allerdings ziemlich viele sein.“ Das macht ihn sympathisch. Jens Uthoff