CHRISTIAN RATH ZUM STREIT ÜBER DAS SWIFT-ABKOMMEN
: Geheimsache EU-Innenpolitik

Die Diskussion über das Swift-Abkommen mit den USA ist ein doppelter Musterfall. Es ist der erste Konflikt der großen Koalition im Bereich der inneren Sicherheit. Die Frage, ob Innenminister de Maizière (CDU) sich durchsetzen kann oder Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), wird ersten Aufschluss über Argumentationsstärke und politisches Gewicht der neuen Minister geben.

Außerdem ist das Swift-Abkommen aber auch ein Beleg dafür, wie wichtig die Demokratisierung der europäischen Innenpolitik durch das Lissabon-Abkommen ist. Das Abkommen räumt den USA für Zwecke der Terrorbekämpfung einen Zugriff auf Bankdaten europäischer Bürger ein. Hier werden einem fremden Staat Grundrechtseingriffe erlaubt. Zugleich haben die europäischen Sicherheitsbehörden selbst ein großes Interesse an den daraus gewonnenen Erkenntnissen. Es findet also eine Art Outsourcing statt. Die EU überlässt den USA die Bankdaten, damit diese sie auswerten. Faktisch geht es um europäische Innenpolitik mit Hilfe eines amerikanischen Dienstleisters.

Diese europäische Innenpolitik wird nun aber im Zuge einer Geheimgesetzgebung betrieben: Der Entwurf des Abkommens mit den USA ist drei Tage vor der Beschlussfassung im Rat immer noch nicht bekannt. Das deutsche Innenministerium gibt ihn nicht heraus. Der EU-Ministerrat hält ihn geheim. Nur dank undichter Stellen ist eine ältere Fassung im Internet nachlesbar.

Schon deshalb muss die Abstimmung am Montag verschoben werden. Dann kann nach dem Lissabonner Vertrag, der Dienstag in Kraft tritt, das EU-Parlament beteiligt werden und die Verhandlungen werden, wie es sich gehört, öffentlich stattfinden. Dass Innenminister de Maizière diese Öffentlichkeit scheut, zeigt ihn als Demokraten von zweifelhafter Haltung.