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Archiv-Artikel

Der Trenchcoat sitzt locker

PALENDA BEI DEN FALKEN

Er hätte zur Polizeigewerkschaft gehen können oder zu den Kollegen vom BKA. Doch Bernd Palenda, der Interimschef des Berliner Verfassungsschutzes, wählte gleich nach seiner Vorstellung bei den Fraktionen ein anderes Ziel: die Falken. „Sozialistisch“ nennt sich der linke Jugendverband, ruft zur baldigen Luxemburg-Liebknecht-Demo auf und wirbt für das „Blockieren“ von Neonazi-Aufmärschen.

All das also, was der Verfassungsschutz bisher gerne in seiner Abteilung „Linksextremismus“ verhandelte. Und zu diesen Falken in Neukölln fuhr Palenda am Dienstagabend. Seine Behörde hatte mit ihren Schredder-Aktionen zuletzt bewiesen, dass sie wenig von dem mitbekommt, was gesellschaftlich diskutiert wird. Nun kommt der neue Chef dieser Verwaltung zu den Gebeutelsten der Berliner Neonazi-Gegner. Und hört einfach mal zu. Ein starkes Symbol.

„Ansprechbarer“ wolle der Verfassungsschutz künftig sein, hatte Palenda zuvor versprochen. Auch andere Vereine, wenn möglich auch Schulen, wolle er besuchen. Ein geschickter Zug – bescherte er seiner linken Gegenseite doch reichlich Kopfzerbrechen. Denn nach dem NSU-Versagen gilt der Geheimdienst dort umso mehr als Rechts-Wegschauer und zwielichtiger Gesinnungsschnüffler.

Was tun, wenn der nun aus dem Zwielicht tritt?

Das Symbol Palendas, es wäre nicht entstanden, wenn die Gegenseite seine ausgestreckte Hand nicht ergriffen hätte. Die Falken griffen zu. Und zeigten sich danach auch noch angetan von der Offenheit des Verfassungsschützers.

Was aber bleibt dann noch von den dunklen Männern im Trenchcoat? In Berlin nicht mehr viel. Die meiste Arbeit verbringen die 188 hiesigen Geheimdienstler ohnehin längst mit der Auswertung öffentlichen Materials. Über ihre V-Männer redet die Behörde nicht – aber wenn nicht alles täuscht, sind davon auch nicht mehr viele übrig.

Für einen Verfassungsschutz, der noch in den Neunzigern alles beschattete und sich heute bei den linken Falken einlädt – ein gewaltiger Schritt. Der nächste, der nun konsequenterweise ansteht, wirkt da kaum größer: sich den Geheimdienstmantel abstreifen, ganz auf V-Leute und Überwachung verzichten, nur mehr als öffentlicher Demokratieberater auftreten. Und ein Umzug nach Schöneberg. In die Landeszentrale für politische Bildung. KONRAD LITSCHKO