: Im Juli kommt der neue Chef
Geheimdienst Die Bundesregierung tauscht den BND-Präsidenten aus. Christdemokrat Bruno Kahl, derzeit Abteilungsleiter im Finanzministerium, folgt auf Gerhard Schindler
von Sabine am Orde und Konrad Litschko
Nachfolger an der Spitze des Auslandsgeheimdienstes wird Bruno Kahl, 53, derzeit Abteilungsleiter im Bundesfinanzministerium. Zuvor arbeitete der Jurist im Bundeskanzleramt, in der Unionsfraktion, später unter Wolfgang Schäuble im Innenministerium. Der Christdemokrat, den Kanzleramtsminister Peter Altmaier am Mittwoch als künftigen BND-Chef vorstellte, wollte sich inhaltlich zu seiner neuen Aufgabe noch nicht äußern.
„Der Bundesnachrichtendienst steht in den kommenden Jahren vor großen Herausforderungen, die alle Bereiche seiner Arbeit betreffen“, sagte Altmaier recht allgemein. Warum die Bundesregierung zum jetzigen Zeitpunkt einen Wechsel an der Spitze des BND vollzieht, dazu äußerte er sich nicht. Das Aufgabenprofil des BND müsse mit Blick auf veränderte sicherheitspolitische Herausforderungen – wie den internationalen Terrorismus und die Cybersecurity – weiterentwickelt werden, so Altmaier. Zudem müssten organisatorische und rechtliche Konsequenzen aus den Arbeiten des NSA-Untersuchungsausschusses gezogen und müsse der Umzug des BND nach Berlin organisiert werden.
Schindler hatte 2012 mit forschem Auftritt und dem markigen Spruch „No risk, no fun“ seinen Posten als Präsident des BND und seiner 6.500 Mitarbeiter angetreten. Im Jahr darauf stand er im Fokus der NSA-Affäre: Der BND-Chef habe den „dringenden Wunsch“, enger mit der NSA zu kooperieren, hieß es in den Snowden-Papieren.
2015 tauchte eine „Selektorenliste“ mit Tausenden NSA-Suchbegriffen auf, die der BND durch sein Datensystem laufen ließ – auch Namen von europäischen Politikern und Unternehmen. Fast alle europäischen Botschaften in Berlin habe der BND abgehört, hieß es zuletzt. Schindler versprach mehr Kontrolle und Transparenz. Ein entsprechender Gesetzentwurf liegt seit März im Bundeskanzleramt auf Eis. Altmaier sagte am Mittwoch, eine gesetzliche Regelung solle möglichst noch in diesem Jahr verabschiedet werden.
„Es reicht nicht, den Präsidenten zu tauschen. Das Kanzleramt muss endlich Verantwortung für den unkontrollierten Dienst übernehmen“, sagte Martina Renner, Linken-Obfrau im NSA-Untersuchungsausschuss, der taz. Schindler dürfe kein Bauernopfer einer Regierung sein, die notwendige Reformen bei den Geheimdiensten scheue, kritisierte auch der Grüne Konstantin von Notz. Es spreche viel dafür, dass die Kanzlerin versuche, das Thema aus dem Wahlkampf herauszuhalten.
Die SPD dagegen scheint uneins in der Einschätzung zu sein. Während Parteichef Sigmar Gabriel sagte, er habe kein Problem mit dem neuen BND-Chef, twitterte Innenexperte Burkhard Lischka: „So richtig stichhaltige Gründe für den Wechsel des BND-Präsidenten kann ich nach wie vor nicht erkennen.“
Meinung + Diskussion
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen