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Archiv-Artikel

SOUNDTRACK

Überkomplexität sieht natürlich anders aus als bei Emma und Mia Kemppainen. Die beiden Geschwister gründeten Le Corps Mince De Francoise, kurz: LCMDF (Foto), 2007 in Helsinki und überwanden die popkulturelle Strukturschwäche und melancholische Schwere des dunklen Landes, indem sie ihr zwischen Krawall und Hipsterness lavierendes Werk auf den üblichen digitalen Wegen einem größeren Publikum zugänglich machten. Und wie ein großes ortloses Social Media-Potpourri klingt der Elektro-Pop der mittlerweile nach Berlin übergesiedelten Band denn auch. Auf solidem Gerüst von elektronischen Beats und Samples schnarrt eine Gitarre herum und grüßen sich Salt ’n’ Pepa, die Spice Girls und Lady Sovereign gegenseitig mit catchy Hooklines. In jedem Fall: tanzbar. Sa, 29. 12., 19 Uhr, Prinzenbar, Kastanienallee 11

Wenn schon lustiger Arzt, dann doch bitte lieber Rainer Limpinsel als Eckart von Hirschhausen. Unter dem Namen Mambo Kurt unterzieht dieser Mann nämlich seit dem Ende der 1990er Jahre größere und kleinere Hits mit den Mitteln, die ihm seine Heimorgel bietet, einer, tja, „Kur“ mit erstaunlichen Resultaten. Jene, die die Originale kennen, sagen angesichts des Polka-, Swing und Bossa Novas-Infernos: Oh Gott. Und für eine Vielzahl solcher Oh Gotts hat der Mann in der Vergangenheit allein deshalb schon gesorgt, weil er sich mit großer Treffsicherheit in genrefremden Kontexten eingenistet hat, Rockbands begleitet und bierernsten Metal-Festivals so genannte Ironie verpasst. Man kann die Sache aber auch ganz entspannt hören und den großen Liedern, die hier zerstört werden, zum Beispiel mit Reinhard Mey zurufen: das „was uns groß und wichtig erscheint“, wird „plötzlich nichtig und klein“. Do, 27. 12., 20 Uhr, Logo, Grindelallee 5

Manche meinen, die Musik von Anton Barbeau klinge mehr „nach England“ als „nach USA“. Nicht ganz zufällig kommen einem jedenfalls die Beatles in ihrer experimentellen Phase, Barbeau auch im Leben nahe stehende Bands wie Bevis Frond, wunderbar komponierende Grenzgänger wie XTC in den Sinn. Nicht weniger stark erinnern seine zwischen Space- und Indierock und auch textlich kryptisch bleibenden Songs allerdings auch an Bands wie Guided by Voices mit ihren tausendundeins Ideen. Der aus Sacramento stammende Multiinstrumentalist mit Rainer Langhans-Frisur ist also vielleicht ein Robert Pollard für Eingeweihte. In jedem Fall ist er ein richtiges Juwel im Meer belangloser Popbands. Sa, 29. 12., 21 Uhr, Hasenschaukel, Silbersackstraße 27 NILS SCHUHMACHER