piwik no script img

Anders übernachten im Fass

GLAMPING Wer auf der Suche nach außergewöhnlichen Urlaubserfahrungen ist, kann ein neues Angebot ausprobieren: Übernachten im Holzfass

von ANNA DOTTI

Kinder mögen Abenteuer. Aber sie sind nicht die Einzigen: Im Fass zu schlafen ist bei Menschen jeden Alters und aus allen Milieus beliebt. Pastoren, Familien mit Kindern, internationale Studenten und Fahrradfahrer haben zuletzt von dieser Möglichkeit in Hamburg Gebrauch gemacht. Genauer haben sie im Garten der „Wein- und Friesenstube“ in Hamburg-Bergedorf übernachtet, wo sich das erste Hamburger Fass-Hotel befindet. Damit folgen sie einem neuen Trend: dem sogenannten Glamping, Glamour-Camping.

Im Urlaub sein, bedeutet vor allem ungewöhnliche Momente zu erleben. Dafür reichen die Angebote normaler Hotels häufig nicht mehr aus. „Der klassische Hotelaufenthalt wird heute nur funktional wahrgenommen“, erklärt Oliver Puhe. „Viele Reisende tauschen die Sterne am Hotel gegen den Sternenhimmel über dem Bett ein“, sagt der selbstständige Trendkurator, der für Reiseagenturen arbeitet. „Vom Baumhaus bis zum Zoogehege finden sich eine Vielzahl an zum Teil verrückter Angebote, die sehr deutlich einen Anti-Alltag symbolisieren.“ Glamping verbindet die Nähe zur Natur eines Campingplatzes mit dem Komfort eines Hotels.

Die großen Holzfässer sind offenbar eine in Norddeutschland beliebte Variante. Das liegt an Walter Keitel aus Lemme. Der Tischler baut seit zehn Jahren Fässer für jeden Bedarf. Alle Fässer in verschiedenen Größen behalten die charakteristische, bauchige Form. Trotzdem sind sie dicht und bieten einen gemütlichen Innenraum. Am Anfang waren es Garten-Fässer, in denen man mit Freunden gemütlich sitzen, essen und trinken kann. Später kamen Sauna-Fässer hinzu und zuletzt, als zufällige Erfindung, die Schlummer-Fässer.

Es war ein Kunde der Tischlerei, der zuerst ein Bett in ein Fass im Garten gebaut hat. Die Kinder liebten es, darin zu schlafen. Quasi als lustige Provokation hat Keitel dann die Idee auf einer Messe präsentiert – und hatte erstaunlichen Erfolg. Seitdem stellt die Tischlerei neben Fenstern und Türen jedes Jahr auch etwa 100 Holzfässer her.

„Sterne am Hotel gegen den Sternenhimmel über dem Bett tauschen“

Oliver Puhe, Trendkurator

Einige stehen heute an der Ostsee, neben normalen Campingzelten im mecklenburgischen Niendorf und Lietzow auf Rügen. Darin zu schlafen, ist teurer als normales Camping, aber günstiger als ein Hotelzimmer.

Dasselbe gilt für die Schlaffass-Angebote in Hamburg. Das erste war ein Airbnb-Fass am Harburger Hauptdeich, direkt an der Süderelbe. Im Fass im Bett liegen und auf den Hafen blicken – das macht viele Gäste zufrieden. An einem ähnlich ruhigen Ort, aber im Grünen in Bergerdorf, hat der Gastwirt Arne Meyer sein Fass-Hotel eröffnet. Er hatte schon vor, neben seinem Restaurant ein Hotel aufzubauen, als er bei einer Messe die Schlaf-Fässer entdeckte. Die Entscheidung war schnell getroffen. Seit knapp einem Jahr liegen drei Schlaf-Fässer im Restaurantgarten, die Molly, Nick und Anna heißen, wie Meyers Kinder. Daneben steht ein viertes Fass, komplett als Bad ausgestattet. Man kann gemütlich schlafen, duschen und frühstücken, ohne den Garten zu verlassen. Eine Reservierung ist aber ratsam: Fässer werden immer stärker nachgefragt.

www.wein-und-friesenstube.de

lietzow.net/schlaffass/

www.seeblick-niendorf.de/campingfaesser/

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen