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Mafia Family Life

TV Italien streitet über den Talk-Auftritt eines Cosa-Nostra-Sohns

Als der Sohn nach Hause kommt, sitzt der Vater vorm Fernseher und sieht die Nachrichten. Eine Szene wie in vielen Familien: Nur dass der Vater gerade die Berichterstattung über einen Mord verfolgt, den er selbst in Auftrag gegeben hat – und der zusammen mit anderen Verbrechen dazu geführt hat, dass er sein Leben in einem Hochsicherheitsgefängnis beschließen wird.

Das heimelige Bild des Familienoberhaupts vorm TV-Gerät durfte am Mittwochabend Salvo Riina, 38, in „Porta a Porta“, einer der wichtigsten Talkshows Italiens, verbreiten. Dass sein Vater Salvatore „Totò“ Riina, 85, Boss der Bosse der sizilianischen Mafiaorganisation Cosa Nostra war, verantwortlich für die Morde an den Anti-Mafia-Ermittlern Giovanni Falcone und Paolo Borsellino, schien Moderator Bruno Vespa kein Grund, dem Zögling nicht bei der Werbetour seines eben erschienen Buches ­„Riina family life“ zu helfen. Salvo ­Riina durfte von seiner glücklichen Kindheit erzählen, in der Fragen zu stellen nicht üblich war – warum auch: Der über zwei Jahrzehnte meistgesuchte Massenmörder Italiens kam jeden Abend zum Essen nach Hause.

Bruno Vespas Rechtfertigung der Einladung war schlicht: Salvo Riina beschreibe das Leben der berühmtesten Mafiafamilie Italiens, das wolle man doch wissen. Als guter Sohn liebe und respektiere er seinen Vater, ergänzte Riina, der selbst schon gut acht Jahre wegen Zugehörigkeit zu einer mafiösen Vereinigung im Gefängnis verbracht hat. Zu einer Verurteilung der Verbrechen der Mafia wollte er sich nicht herablassen.

Nach Protesten im Vorfeld der Sendung hat die Anti-Mafia-Kommission des italienischen Parlaments die Direktorin der RAI, Monica Maggioni, für Donnerstagnachmittag einbestellt. Rosy Bindi, die Vorsitzende der Kommission, gehört zu den härtesten Kritikern des Interviews. Sie spricht von „Leugnung“ der Verbrechen der Mafia durch den Riina-Sohn. Ambros Waibel

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