: Männer in die Schlafsäle
Justizsenator stellt Hamburgs ersten Frauenknast im offenen Vollzug vor. Durch Umbau müssen Männer in Gemeinschaftszellen leben. Novelle geplant, nach der Häftlinge ohne Zustimmung in offenen Vollzug verlegt werden können
von Elke Spanner
Hamburg bekommt erstmals ein Frauengefängnis im offenen Vollzug. Auf dem Gelände des bisher reinen Männergefängnisses Glasmoor eröffnet die Justizbehörde nächste Woche ein Hafthaus für 46 weibliche Gefangene. Justizsenator Roger Kusch (CDU) pries das neue Gefängnis gestern als „weiteren Baustein für einen modernen und leistungsfähigen Strafvollzug in Hamburg“. Dass dieser moderner wird, gilt allerdings nur für die Frauen: In den Einzelzellen, die nun weibliche Gefangene beziehen, waren zuvor Männer untergebracht – die jetzt zu mehreren in Schlafsälen in einem alten Gebäude übernachten müssen.
Der Anstaltsleiter des neuen Frauengefängnisses, Wolfgang Schuchardt, räumte ein, dass dies die andere Seite der Medaille ist. Senator Kusch hingegen sieht kein Problem darin, dass Männern künftig ausschließlich eine Unterbringung zugemutet wird, die nach neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen keinesfalls als modern gilt. Die zu sechst im Saal lebenden Männer hätten trotzdem noch „die Chancen des offenen Vollzuges“, meinte der Senator.
Es gäbe zwar die Tendenz, so Kusch, dass etliche Insassen „wohl auch wegen der Saalunterbringung“ nicht von der schwergesicherten Anstalt in Billwerder nach Glasmoor verlegt werden wollen. Als Reaktion darauf plant die Justizbehörde aber nicht, wieder Einzelhafträume bereitzustellen. Stattdessen will Kusch eine Gesetzesänderung initiieren, nach der die Gefangenen ihrer Verlegung in den offenen Vollzug nicht mehr zustimmen müssen.
Die Zahl der Haftplätze für Männer im offenen Vollzug hat die Behörde unter Kusch immer weiter reduziert. Wenn im kommenden Jahr noch die Anstalt Altengamme geschlossen wird, verbleiben allein die 178 Haftplätze in Glasmoor. Dabei ist die Verlegung in den offenen Vollzug der erste wichtige Schritt für die Entlassung in die Freiheit.
Diese Gefängnisse sind weniger gesichert. Gitter vor den Fenstern gibt es nicht, ebenso wenig Stacheldraht um das Gelände. Die Gefangenen können sich den Tag über im ganzen Gebäude und auch auf dem Außengelände aufhalten. Folglich kommen in eine offene Anstalt die Insassen, die zum Ende ihrer Knastzeit hin nicht als fluchtverdächtig gelten.
Sie sollen schrittweise auf die Zeit danach vorbereitet werden: Mit Hilfe von Sozialarbeitern soll den Gefangenen die Möglichkeit gegeben werden, sich schon aus der Haft heraus Wohnung und Job zu organisieren. Wer eine Stelle bei einer Firma in der Stadt hat, kann das Gefängnis tagsüber ganz verlassen, um seiner Arbeit nachzugehen.
Weibliche Gefangene, die für den offenen Vollzug geeignet sind, mussten bisher trotzdem hinter den hohen Zäunen des Frauengefängnisses Hahnöfersand bleiben. Für sie verbessert sich die Situation durch die Neueröffnung in Glasmoor deutlich. In den Zellen, die durch ihre Verlegung in Hahnöfersand frei werden, sollen künftig aber weibliche Gefangene ohne Lockerungen untergebracht werden, so dass es in Hamburg nun mehr Haftplätze für Frauen im geschlossenen Vollzug gibt.
Arbeiten werden die Frauen in Glasmoor zusammen mit den Männern aus dem benachbarten Hafthaus in den Werkstätten auf dem Gelände. Jobs für qualifizierte Gefangene, beispielsweise mit kaufmännischen Kenntnissen, gibt es nicht. „Wer hierher kommt, hat immer auf der Verliererseite gestanden“, erklärt Vollzugsleiter Helmut Witczak: „Da sind nicht viele, die eine Berufsausbildung haben.“