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THEATER

Theater Esther Slevogt

betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

Was heute so alles als sicheres Herkunftsland gilt! Albanien, der Kosovo, Ungarn sowieso. Inzwischen sind Menschen aus Syrien die Einzigen, die überhaupt noch eine Chance haben, in Europa als Flüchtlinge anerkannt zu werden. Es gibt auch Gruppen von Menschen, für die es überhaupt nur unsichere Herkunftsländer gibt: die Roma zum Beispiel, speziell jene, die auf dem sogenannten Balkan leben. Und weil das Wort „Balkan“ so strapaziert ist, zucke ich beim ­Schreiben erst mal zusammen, ob es nicht eigentlich irgendwelches diskriminierendes Potenzial enthält. Und lese dann bei Wikipedia mit gewisser Erleichterung: Balkan, das ist eine ursprünglich ganz unverfängliche Bezeichnung für das gleichnamige Gebirge. Und Balkanstaaten, das sind einfach die Anrainer-Staaten dieses Gebirges. So, wie die Alpenländer die Anrainer-Staaten der Alpen sind. Aber zurück zu den Roma, für die es in vielen dieser Balkanländer keine Sicherheit gibt, wo sie diskriminiert und bedroht werden, selbst wenn sie zum Teil seit Generationen dort leben. Das Studio des Maxim Gorki Theaters widmet dem Thema nun unter der Überschrift „#ROMADAY – Everyday is Romaday“ zwei Tage Programm. Tag eins (7. 4.) ist ein Debattentag, den der (1982 im Kosovo geborene) Berliner Schauspieler, Bürgerrechtler und Theaterpädagoge Hamze Bytyci kuratiert hat. Es geht um Ausdifferenzierung von Fragen wie: Wie hat sich die Situation der Roma seit 1971 verändert, welchen Wert hat die Kategorisierung „Sinti und Roma“ im Diskurs heute? Tag zwei (8. 4.) präsentiert als Work in Progress die szenische Einrichtung und Lesung eines Rechercheprojektes über die sogenannte Balkanroute, also jener (nun gesperrten) Fluchtroute Novi Sad–Budapest–Berlin (Gorki Theater: „#ROMADAY – Everyday is ­Romaday“, 7. und 8. 4., jeweils 20. 30 Uhr).

In der Schaubühne wird am 7. 4. das FIND Festival eröffnet, das Festival internationaler zeitgenössischer Dramatik, u. a. mit einem Abend des syrischen Dramatikers und Theatermachers Anis Hamdoum, der aus der Stadt Homs nach Osnabrück entkam, wo die Inszenierung „The Trip“ als Reflexion über Flucht und den Preis des Überlebens entstand. Im Rahmen des FIND-Festivals wird außerdem Armin Petras’ Thea­terversion von Frank Witzels buchpreisgekröntem Roman „Die Erfindung der Roten ­Armee Fraktion durch einen manisch-depressiven Teenager im Sommer 1969“ uraufgeführt: als Geschichtschreibungsprojekt zur alten Bundesrepublik, die ja im November 1989 ebenfalls unterging, wenn auch vom Rest der Welt so gut wie unbemerkt (Schaubühne: „FIND 2016“, 7.–17. 4., www.schaubuehne.de).

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