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THEATER

TheaterEsther Slevogtbetrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

In Berlins Mitte wächst gerade die nächste Monumentalbausünde der Stadt heran, das sogenannte Stadtschloss, welches deutschneurotischerweise noch nicht mal Stadtschloss heißen darf. Sondern Humboldt-Forum. Davor wird irgendwann noch das superkitschige (und vollkommen überflüssige) Einheitsdenkmal gebaut: eine megalomane Wippe, die unter anderem der sagenhaften Fantasie der Choreografin Sasha Waltz entsprang. (Ein Denkmal für solche, die anscheinend nicht so gern denken. Überhaupt ist erstaunlich, wer heutzutage so alles an Nationaldenkmälern herumdoktern darf.) Gegen dieses Ensemble ist dann das Schloss in Disneyland nachgerade noch ein Monument des Authentischen. Denn das ist wenigstens echter Kitsch und kein falscher. Im Grunde könnte das Vorhaben Heerscharen von Satiriker*innen mit Stoff versorgen. Aber es bleibt seltsam still. Na, sagen wir, fast still. Denn im Ballhaus Ost regt sich nun was. Da eröffnet in dieser Woche die Gruppe copy & waste mit dem Dramatiker Jörg Albrecht einen Stadtschloss-Vergnügungspark. Hier soll dann ab 24. März alles herumspuken, was in Berlins unhistorischer Mitte so Rang und Namen hätte: Friedrich der Große, Königin Luise (die Lady Di Preußens), Karl Liebknecht, Erich Honecker, Hitlers Lieblingsarchitekt Albert Speer und die armen Brüder Humboldt. Nicht fehlen darf natürlich auch der Asbestgeist, der dafür sorgte, dass der DDR- äh, asbestverseuchte Palast der Republik abgerissen wurde, um Platz für das Schloss zu machen. Ja (Ballhaus Ost: „Who Ya Gonna Call? Schlossbusters? Ein Stadtschloss-Vergnügungspark“, 24.–26. März, jeweils 20 Uhr).

Weil unsere Zeiten so sind, wie sie sind, ist auch die nächste Veranstaltung nötig: „Universalbewerbung für alles Auch nackt und ohne Geld“ ist sie überschrieben und kommt im Theater unterm Dach heraus: fünf Spieler*innen mit einladend kurvigen Lebenswegen auf der Suche nach Orientierung, Liebe und Erfolg. Als einzelne Frauen und Männer und als ganzes musikalisches Ensemble versuchen sie, sich an den Mann, an die Frau und vor allem natürlich voll Karacho auf den Markt zu werfen. So zumindest verspricht es die Ankündigung dieser Garagenoper (Theater unterm Dach: „Universalbewerbung“, 24. Und 25. März, jeweils 20 Uhr).

Und wem das alles zu viel wird, also die Umstände, die diese Stücke provozieren, der kann sich am Freitag in der Volksbühne anschauen, wie man schon zu biblischen Zeiten mit unhaltbar gewordenen Lebensverhältnissen umgegangen ist, Stichwort „Exodus“ (Volksbühne: „Exodus. Eine Terrorkampagne mit Musik von DJ Stalingrad“, Premiere 25. 3., 20 Uhr)!

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