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Bremen zeigt Flagge

Geschichts-MOMENT

Vergangenen Samstag um acht Uhr hat sich in Bremen fast unbemerkt ein historischer Augenblick ereignet: Vor der Bürgerschaft wurde – das hat vor den Bremern noch kein deutsches Länderparlament beschlossen – die Flagge der Demokratischen Arabischen Republik Sahara gehissst: Schwarz, Weiß, Grün mit rotem Dreieck, Halbmond und Stern, zum Nationalfeiertag am 27. Februar, zum 40. Jahrestag ihres – nein, Bestehens wäre falsch.

Die Demokratische Arabische Republik Sahara wurde von der Befreiungsbewegung der Frente Polisario am 27. Februar 1976 ausgerufen, während ihre Bevölkerung vor den Napalmbomben der anrückenden marokkanischen Armee flüchtete: Phosphat, reiche Fischgründe, Erdöl und die fruchtbarsten Böden des Maghreb sind ein lohnendes Ziel. Und Francisco Franco, der letzte faschistische Diktator Europas, hatte das als Kolonie besetzte Land kurz vor seinem Tod rechtwidrig abgeben.

Frieden herrscht in der Region trotz des Waffenstillstandes von 1991 nicht. Die UN-Mission, die seither das Selbstbestimmungsrecht der Sahauris durchsetzen soll, wirkt, als würde sie fürs Nichtstun bezahlt. Der Druck auf Marokko ist mäßig: Nur auf Betreiben der Frente Polisario wurde das 2012 zwischen EU und Alawiden-Reich geschlossene Freihandelsabkommen vom Europäischen Gerichtshof kassiert, weil es die Wirtschaft der besetzten Gebiete mitgeregelt hatte. Im Januar hofierte Deutschland die Monarchie als Gastland auf der Grünen Woche und im März soll sie zum sicheren Herkunftsstaat ernannt werden. Ach, es ist... enttäuschend. Aber wenn es heißt: extrafrühe Frühkartoffeln, sonnenreife Wintertomaten und edler Sand für Golfplätze – oder Menschen- und Völkerrechte, ist nicht selbstverständlich, dass jeder die richtige Flagge zeigt. bes

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