: Man will nicht immer geliebt werden
Konzert Get Well Soon stellen im Huxleys die Liebe vor. Kann das live so gut gehen wie auf den Alben?
Die Liebe. Große Lüge, tiefe Wahrheit. Trügerisch auch. Also so wie Pop.
Was auch entsprechend vorbereitet sein will. Deswegen hatte die Vorband an diesem Mittwochabend im vollen Huxleys wohl die Aufgabe, mit ihrer unbedingten Lahmarschigkeit das Publikum so zu sedieren, damit nachher auch jede Gefühlsregung umso heftiger empfunden werden musste. Inner Tongue lösten diese Aufgabe, tja, vorzüglich.
Dann aber wurde im Bühnenhintergrund, Buchstabe für Buchstabe, die Liebe enthüllt. „Love“ leuchtete es nun von dort in großen Lettern, natürlich in Rot. Wie das neueste Album von Get Well Soon heißt, „Love“, und damit das Thema des Abends.
Get Well Soon ist das Musikprojekt von Konstantin Gropper, studierter Popmusiker (in Mannheim) und auch gelernter Philosoph (in Heidelberg). Ein Multiinstrumentalist mit ziemlich geschicktem Händchen für schmeichelzart geplüschte Popsongs. Vor allem aber ein grandioser Arrangeur.
Rationale Zweckbeziehung
Auf seinen Alben versteht er es, fast im Alleingang feinst getüftelte und bestens austarierte Klanglandschaften zu entwerfen mit einem musikalischen Reichtum, bei dem man bereits in ganz sachten Farbtupfern und präzisen Andeutungen die geballte Musikgeschichte raushören kann: den Soul, die Beach Boys, den Großpop eines Phil Spectors. Und das eben nicht breitspurig ausgemalt, sondern nur mit kleinen Fingerzeigen. Bestes Understatement. Deswegen braucht Gropper alias Get Well Soon für seinen hymnisch gedämpften Kammerpop auch gar nicht unbedingt die auftrumpfenden Melodien. Auf den Alben.
Im Konzert aber fehlte dann doch diese fein orchestrierte Opulenz; auf der Bühne wurde der Kammerpop schlicht ohne große Nuancierungen gerockt – was nicht allen Liedern von Get Well Soon guttat. Wobei die Mitmusiker Groppers natürlich handwerklich tadellos ihre Arbeit verrichteten in diesem Projekt Get Well Soon, das aber nicht wirklich eine Band ist und auf der Bühne mehr eine rationale Zweckbeziehung – bei der es auch gar nicht vorgesehen ist, dass die Musik mal wirklich ihren Kopf verlieren könnte für eine wilde Leidenschaft.
Lieber möchte sie, statt den Kontrollverlust zu riskieren, verlässlich sein. Und das war dann an diesem Mittwochabend im Huxlexs eben nur so mitteleuphorisierend. Schon schön und manchmal halt recht durchschnittlicher Gefühligkeitsrock.
Aber man will ja nicht immer allein geliebt werden. Vielleicht möchte man doch lieber ernst genommen werden. Und das taten Get Well Soon mit ihrer Musik dann doch. Thomas Mauch
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