: Einblick (611)
Michael John Kelly, Künstler und Vater
taz: Welche Ausstellung in Berlin hat dich zuletzt an- oder auch aufgeregt? Und warum?
MJK: Die Ausstellung von Jackson Pollock in der Deutschen Bank Kunsthalle. Als Maler ist man mit der langen Geschichte des Mediums konfrontiert und versucht, sich permanent selbst davon zu überzeugen, dass, obwohl schon alles gemacht wurde und trotz der ständigen Behauptung, Malerei sei tot, es keinen Grund gibt, seine Praxis aufzugeben. Und natürlich gibt es auch gefährliche Aspekte an der dominanten und überromantisierten New York School, aber das Reduzieren dieser Strömung auf einen Haufen weißer Kerle, die ihre Gefühle malen, kann die Qualität der Malerei zu leicht schmälern.
Welches Konzert oder welchen Klub kannst du empfehlen?
Die 8mm Bar ist eine schöne, dunkle Bar, in der ich verschwinden könnte. Vor allem die Post-Punk, Gothic und Shoegaze Nächte entsprichen genau meinem Geschmack.
Welche Zeitschrift und welches Buch begleiten dich zurzeit?
Ich bin besessen von der Bandbreite des Technikjournalismus. Meine Arbeiten stehen zwar am Ende einer langen Geschichte der klassischen Malerei, aber vieles ist nur vor dem Hintergrund der aktuellen Form der sozialen Medien und des Internets möglich. Gerade habe ich Ta-Nehisi Coates’ „Between the World and Me“ begonnen. Und ich empfehle die Comicserie „Saga“ von Brian K. Vaughan.
Was ist dein nächstes Projekt?
Die Ausstellung in 68projects ist der Endpunkt einer langen Schaffensphase. Wenn ich das Gefühl habe, es mir zu einfach und gemütlich zu machen, überdenke ich meinen Ansatz neu. Deswegen werde ich mir viel Zeit für neue Gemälde nehmen.
Michael John Kelly studierte Malerei an der University of California, Los Angeles, Kalifornien. Sein Werk vereint Malerei, Druck, Fotografie, Zeichnung und Collage. Inhaltlich finden sich bei ihm Elemente der neuen Medien, des Abstrakten Expressionismus, des Graffitis, Cartoons, aber auch aus Science-Fiction-Filmen und der Welt des HipHops und Punkrocks.
Noch bis 5. 3. zeigt 68projects Kellys Einzelausstellung „Language“ (siehe oben).
Welches Ereignis des Alltags macht dir am meisten Freude?
Mein Studio in L. A. ist in der direkten Einflugschneise des Flughafens. Die Flugzeuge fliegen so niedrig über das Gebäude, das man die Tragflächen fast berühren kann. Wenn ich abends gehe, leuchtet am Horizont eine lange Reihe von Lichtern im Landeanflug auf die Stadt. Inmitten dieser unüberhörbaren Betriebsamkeit über mir fühle ich mich niemals wirklich allein.
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