: KUNST
KunstBeate Schederschaut sich in Berlins Galerien um
Es gibt Menschen, die behaupten, ein Schaltjahr wie 2016 bringe Unglück. Doch was kann so ein Tag mehr oder weniger schon anrichten? Chert wählte ihn jedenfalls als Anlass für eine Gruppenausstellung, bei der alles ein wenig aus dem Takt geraten scheint: Eröffnung und Finissage wurden auf einen Montag gelegt, dem Tag, an dem Galerien traditionell geschlossen bleiben, und alle Exponate fordern auf die eine oder andere Weise Wahrnehmungen oder Emotionen heraus. „Leaping Over a Bush to Surprise a Quail“ ist nicht nur Titel der Ausstellung, sondern auch ein Zitat aus dem neuen Roman des Künstlers und Autors Jérémie Gindre – dessen Beitrag zur Gruppenschau. Eine surreale Szenerie zeigt die Schwarz-Weiß-Fotografie von Alejandro Almanza Pereda. Vanessa Safavis ausgestopfte, leuchtend-bunte tropische Vögel liegen mahnend auf Podesten – sogleich Auseinandersetzung mit Exotismus wie hübsche Vanitassymbole. Tyra Tingleffs großformatiges Gemälde dahinter scheint deren Farben aufzunehmen und wirkt wie eine abstrakte Antwort darauf, gestisch kraftvoll, tief beeindruckend (bis 29. 2., Skalitzer Str. 68, Di. – Sa., 12–18 Uhr, Lesung von Jérémie Gindre am 29. 2., 19 Uhr).
Schon einige Wochen her ist der Überschwang des Silvesterabends, Hannah Gieseler ruft ihn bei Schwarz Contemporary noch einmal in Erinnerung. Ausgangspunkt ihrer visuellen Reflexion über die Champagnerblase war eine Abbildung von zur Pyramide gestapelten Sektflöten. In ihrer Ausstellung bildet sie nicht nur diese nach – so fein ausbalanciert, dass man daneben kaum zu atmen wagt –, sondern auch die Blasen selbst: aus gestapeltem Löschpapier und einem gar nicht so fragilen Mobile (bis 26. 3., Sanderstr. 28, Mi.–Sa., 11–18 Uhr).
Nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen Schau von Julian Rosefeldt im Hamburger Bahnhof ist Adalbert Abbates und Mario Consiglios „Manifesto“ im Grimmuseum. Die beiden Künstler gehen von der wörtlichen Bedeutung des Begriffs aus, manifest = klar, offenkundig, und knallen den Besucher_innen ihr visuelles Material gnadenlos entgegen. Die Wände sind mit Abbildungen historischer Fotografien, Schnappschüssen, Nachrichtenbildern und Aphorismen beklebt, so dicht, dass ein Entziffern narrativer Stränge unmöglich ist. Die Collage gleicht dem Strudel an Bildern, denen wir uns konstant aussetzen. Wie wenig harmlos dieser ist, macht ein genauerer Blick auf die Zusammenstellung offenbar: Allesamt reflektieren die Bilder Exzess und Verfall der Konsumwelt, Gewalt, Manipulatives, inszenierte Cuteness, sexualisierte Reize, zur Schau gestelltes Elend (bis 5. 3., Fichtestr. 2, Mi.–Sa. 14–19 Uhr).
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