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Archiv-Artikel

Wenig Wasserhövel-Fans bei der NRW-SPD

SPD-Chef Franz Müntefering will seinen langjährigen NRW-Genossen Kajo Wasserhövel zum Generalsekretär machen. Doch aus dem größten Landesverband kommt kaum Unterstützung für die in der Bundespartei umstrittene Personalie

BOCHUM taz ■ Karl-Josef „Kajo“ Wasserhövel hat keinen Heimvorteil in Nordrhein-Westfalen. Der Kandidat von SPD-Chef Franz Müntefering für das Amt des Generalsekretärs kommt zwar wie sein Mentor aus NRW, aber an Rhein und Ruhr gibt es dennoch kaum Unterstützung für den Personalvorschlag. Offiziell war die Neubesetzung des Sekretärpostens am Wochenende nicht einmal Thema bei einer Klausurtagung der NRW-SPD. „Kajo war zwar da, aber wir haben mit ihm nur eine Analyse der Bundestagswahl gemacht“, so ein Sitzungsteilnehmer zur taz.

Mitte November soll der bisherige Bundesgeschäftsführer Wasserhövel beim SPD-Parteitag in Karlsruhe auf Vorschlag von Müntefing Nachfolger von Generalsekretär Klaus Uwe Bennter werden, der nicht erneut antritt. Gegen diese Idee Münteferings regt sich Widerstand in zahlreichen SPD-Landesverbänden (taz berichtete). Vor allem Vertreter der Parteilinken bevorzugen die frühere Juso-Chefin Andrea Nahles als neue Generalsekretärin.

Ungewöhnlich distanziert äußerte sich auch NRW-SPD-Chef Jochen Dieckmann zu der Sekretär-Debatte. Zu seiner Präferenz für den zu besetzenden Posten im Willy-Brandt-Haus wollte sich Dieckmann gestern in Düsseldorf nicht äußern. Jedenfalls werde der Landesverband Münteferings Favoriten Wasserhövel nicht allein deshalb unterstützen, weil der aus NRW stamme: „Das ist keine Nordrhein-Westfalen-Frage.“ Dieckmann bezeichnete es zugleich als unwahrscheinlich, dass die Partei jemanden auf dem Posten durchsetzen werde, den kein enges Vertrauensverhältnis mit dem Parteichef verbinde.

Von seinen Kritikern wird Wasserhövel vorgehalten, er sei zwar ein guter Organisator, aber kein profilierter Parteipolitiker. Ähnlich wie der Sauerländer Müntefering wuchs Kajo Wasserhövel in der sozialdemokratischen Diaspora auf, im tiefschwarzen Münsterland. In den 80er Jahren wurde der Bocholter bei den Jungsozialisten zwischen Nicaragua und Stamokap politisch sozialisiert. Die alten theorielastigen Juso-Diskurse hatten wohl noch Einfluss auf sein politisches Denken, doch entwickelte er rasch ein Profil als undogmatischer Linker. Nach dem Geschichtsstudium in Münster fing Wasserhövel in Dortmund als Jugendbildungsreferent beim SPD-Bezirk Westliches Westfalen (WW) an. 1995 verpflichtete ihn der damalige WW-Bezirkschef und NRW-Arbeitsminister Franz Müntefering zunächst als Redenschreiber, später als Büroleiter. Bei den SPD-Bundestagswahlkämpfen 1998, 2002 und 2005 war Wasserhövel in führender Position dabei – zuletzt seit 2004 als Geschäftsführer. Vor allem der kurze, harte Anti-CDU-Wahlkampf nach der NRW-Wahlpleite im Mai gilt als berufliches Meisterstück des 43-jährigen Familienvaters.

„Kajo ist ein guter Sekretär, aber kein General“, sagt ein SPD-Bundestagsabgeordneter aus NRW. Auch innerhalb der NRW-SPD-Landesgruppe in Berlin gebe es schwere Bedenken gegen Münteferings Personalvorschlag. „Alle wollen jetzt in die Regierung – und die Partei bekommt als Nebenprodukt so einen Sekretär vorgesetzt“, heißt es. Dabei brauche die SPD gerade in der großen Koalition ein Parteileben mit einem starken Generalsekretär: „Es muss ja keine Figur wie früher Peter Glotz sein, aber etwas mehr Profil als Kajo sollte er haben.“

Dennoch erwarten selbst Linke aus NRW, dass sich Wasserhövel am Ende durchsetzt. „Andrea Nahles wird wohl keine Kampfkandidatur riskieren, sondern einen Staatssekretärs-Posten als Kompensation annehmen.“

MARTIN TEIGELER

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