piwik no script img

portraitAusgewiesen aus Istanbul

Silje Rønning Kampesæter packt gerade mal wieder ihre Koffer. In der kommenden Woche geht die Reise nach Jordaniens Hauptstadt Amman. Dort soll die 27-jährige Journalistin das Korrespondentenbüro der norwegischen Tageszeitung Aftenposten für den Nahen Osten einrichten. Mal wieder. Erst im September hatte sie Gleiches in Istanbul getan. Doch da war dann schon nach vier Monaten Schluss, weil sie den türkischen Behörden „unerwünscht“ war und ihr das für Arbeit und Aufenthalt erforderliche Pressevisum verweigert wurde.

„Ein etwas holpriger Start in mein Korrespondenten-Dasein“, sagt sie: „Aber neues Land, neue Möglichkeiten!“ Nach einer Krankenpflegeausbildung, einem 2014 abgelegten Journalistik-Examen an der Hochschule Oslo-Akershus, nach Aufträgen für ein Klettermagazin – „Bergsport ist eines meiner Hobbys“ – und einem Praktikum beim Fernsehsender TV2 war sie nach Bethlehem gezogen, wo sie als freie Journalistin vor allem für die Osloer Tageszeitung Dagbladet arbeitete. „Zwar nur ein Jahr Erfahrung, aber mit steiler Lernkurve“, meint sie selbst: Auch ein winterlicher Aufenthalt in Erbil im kurdischen Teil des Irak habe dazugehört.

Als Norwegens auflagenstärkste Zeitung sie im Sommer vergangenen Jahres für den Korrespondentenposten im Nahen Osten auswählte, begründete Aftenposten-Nachrichtenredakteur Håkon Borud das so: „Wir haben uns für ein offenbar journalistisches Talent entschieden“. Außerdem habe Kampesæter bereits bewiesen, dass sie in Konfliktgebieten arbeiten könne.

In der Türkei sammelte sie dann gleich neue Konflikterfahrungen. „Ich habe das Gefühl gehabt, ständig überwacht worden zu sein.“ Beweisen könne sie das nicht, aber seltsamerweise seien ihr immer wieder „die gleichen Leute an ganz verschiedenen Orten begegnet. Nach einiger Zeit macht einen ein solcher Psychoterror wirklich nervös.“

In Amman hoffe sie nun, sich etwas freier bewegen zu können. Dennoch wolle sie weiterhin aus der Türkei – „einem unglaublich wichtigen Land“ – berichten: „Aber bislang wissen wir nicht, wie man reagieren wird, wenn ich wieder einreisen möchte.“

Reinhard Wolff

Flimmern + Rauschen SEITE 18

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen