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Archiv-Artikel

Lebensversicherung bringt immer weniger

Die Versicherungskonzerne müssen den Garantiezins für Neuverträge reduzieren. Verbraucherschützer warnen, es könnte sogar eine „Nullrendite“ herauskommen. Die Ursache: Auch auf den Kapitalmärkten ist Zinsniveau niedrig

BERLIN taz ■ Die Lebensversicherer werben am liebsten mit ihrem „Garantiezins“. Wo gibt es schon so viel Verlässlichkeit: ein Renditeversprechen, das noch in 30 Jahren gilt. Doch der Garantiezins sinkt kontinuierlich. Im Jahr 2000 waren es noch 4 Prozent, momentan darf der Versicherte ein Plus von 2,75 Prozent erwarten. Gestern nun hat die Deutsche Aktuarvereinigung (DAV) empfohlen, den Garantiezins zu reduzieren – auf 2,25 Prozent. Dieser Satz wird ab dem 1. Januar 2007 für alle neuen Kapitallebensversicherungen gelten. Altverträge sind nicht berührt.

Im DAV haben sich fast alle Mathematiker zusammengeschlossen, die in Versicherungskonzernen angestellt sind. Ihre Empfehlung geht an das Bundesfinanzministerium, das dann per Verordnung die Lebensversicherer anweist, wie sie ihre Neuverträge zu gestalten haben.

Der gesenkte Garantiezins macht Kapitallebensversicherungen noch unattraktiver. „Die tatsächliche Rendite wird deutlich unter einem Prozent liegen“, prognostiziert Thorsten Rudnik vom Bund der Versicherten (BdV). Erklärung: Der Garantiezins wird nur auf den so genannten Sparanteil gewährt – das sind jene eingezahlten Prämien, die übrig bleiben, wenn die Provisionen für den Versicherungsvertreter und die Verwaltungskosten der Konzerne abgezogen worden sind. Allerdings müssen die Versicherungen bisher nicht ausweisen, wie hoch der Sparanteil eigentlich ist. „Das können 60, aber auch 80 Prozent der Prämien sein“, moniert Rudnik. Der Verbraucherschützer rechnet damit, dass es künftig sogar zu „Nullrenditen“ kommen kann. Dann reicht der Garantiezins nicht mehr aus, um die eingezahlten Prämien wieder zu bekommen.

Der Garantiezins sinkt, weil auch die Renditen der langfristigen Staatsanleihen zurückgehen. Dort legen die Versicherungskonzerne einen Großteil der angesammelten Prämien an. Von Januar bis August brachte eine zehnjährige Bundesanleihe durchschnittlich nur noch 3,49 Prozent – die Konzerne haben in ihrem Bestand jedoch noch viele Verträge, deren Garantiezins bei 4 Prozent liegt. Um diese Differenz auszugleichen, müssen die Neuverträge deutlich unter den Marktrenditen liegen. Die Neukunden alimentieren also die Altverträge.

Neben dem Garantiezins gibt es bisher allerdings meist auch noch eine „Überschussbeteiligung“, mit denen die Versicherungskunden an den Konzerngewinnen partizipieren. So steigt die Rendite dann doch noch auf momentan rund 4 Prozent. Verbraucherschützer Rudnik aber warnt: „Schon jetzt zahlt nicht jedes Unternehmen eine Überschussbeteiligung. Das könnte in Zukunft zunehmen.“ULRIKE HERRMANN

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