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Nachtblind mit Blasen an den Füßen

Ausrüstung Von Billigstiefeln bis zu defekten Nachtsichtgeräten: Wehrbeauftragter beklagt mangelhafte Ausrüstung der Truppe

BERLIN taz | Die neuen Kampfstiefel taugen nichts. Das Fußbett passt nicht, das Leder ist zu hart und im Sommer löst sich manchmal die Sohle – die ist bei den billigen Modellen nämlich nur geklebt. Die Folge: Seit die neuen Stiefel da sind, klagen die Soldaten nach langen Märschen noch häufiger über Blasen an den Füßen.

„Gerade bei einem für das körperliche Wohlbefinden so wichtigen Ausrüstungsgegenstand muss der Dienstherr alles daransetzen, hochwertige Qualität zu beschaffen“, sagt Hans-Peter Bartels. Der Wehrbeauftragte des Bundestags hat am Dienstag seinen Jahresbericht vorgelegt. Wie gewohnt ist darin zwar auch von rüden Umgangsformen der Vorgesetzten, sexuellen Belästigungen gegenüber Soldatinnen oder zu langen Wegen für Wochenendpendler die Rede. Den Schwerpunkt legt SPD-Mann Bartels aber auf die billigen Schuhe und andere Ausrüstungsmängel.

Zum Beispiel auf die fehlenden Nachtsichtgeräte. Das Gebirgsjägerbataillon 232 aus dem Berchtesgadener Land benötigt laut Wehrbericht eigentlich 522 Exemplare. Im vergangenen Jahr habe es aber nur 96 Stück besessen, von denen es 76 an Einheiten im Einsatz verleihen musste. Bleiben also 20 Nachtsichtgeräte – von denen 17 in der Werkstatt waren.

Aber nicht nur solche persönlichen Ausrüstungsgegenstände fehlen laut Bartels, sondern auch schweres Gerät gibt es zu wenig. Woran es mangelt, ist weitgehend bekannt: Vom neuen Transportflugzeug A400M stehen der Bundeswehr erst drei Exemplare zur Verfügung. Als Ersatz muss die alte Transall-Flotte herhalten, allerdings kann momentan nicht einmal die Hälfte der Maschinen abheben. Von den Euro­fightern und den Tornados sind nur ein Drittel einsatzbereit. Die Marine hätte gern mehr Bordhubschrauber, dem Heer fehlen ­Raketen für seine Puma-Schützenpanzer, die Aufklärer ­wünschen sich mehr Spähfahrzeuge.

Unterm Strich kommt Bartels zu einer eindeutigen Forderung: Mehr Geld für bessere Ausrüstung. Der Anteil des Verteidigungsetats am Bruttoinlandsprodukt sinke „bis zum Jahr 2019 auf das in der Geschichte der Bundesrepublik niedrigste Niveau ab“, kritisiert der Wehrbeauftragte.

Damit weicht seine Schlussfolgerung fundamental von der der Opposition ab. „Der neue Wehrbeauftragtenbericht liest sich wie ein Aufrüstungsbericht“, sagt die Linken-Abgeordnete Christine Buchholz. Ihre Forderung: Auslandseinsätze reduzieren und somit Soldaten und Material gleichermaßen schonen. Tobias Schulze

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