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Verwandeln Wenn Angela de Castro ihre Nase aufsetzt, wird sie zum ClownStaunen Was der Clown dann macht, kann sie nur beobachtenManchmal gewinnst du, manchmal verlierst du

Protokoll Ines Lutz

Die rote Nase beschützt uns. Wir Clowns sind so verletzlich, hinter der Nase haben wir mehr Mut. Sie ist ein Symbol, oft ersetze ich sie durch etwas anderes: eine Brille, eine Perücke oder einen Bart. Die Nase ist ein Portal in die Welt meines Clowns.

Vor dem Auftritt brauche ich meine Ruhe. Ich schminke mich und ziehe mein Kostüm an. Meine Nase ist das letzte Stück, das ich aufsetze. Dieser Moment ist sehr privat, und ich muss dafür allein sein. Mit der letzten Bewegung öffnet sich das Portal, und ich betrete die Welt meines Clowns. Jetzt bin ich er.

Richard Alleluia heißt er. Er ist noch sehr jung. Richard hat eine große Nase und ist ein bisschen dick. Unter dem Arm trägt er ein paar Flügel mit sich herum. Richard ist nämlich ein Engel. Weil die Flügel so unbequem sind, zieht er sie nur an, wenn er sie braucht.

Richard Alleluia ist erst vor Kurzem zu mir gekommen. Ich habe eigentlich an einem anderen Projekt gearbeitet. Doch als ich meine Nase aufsetzte, war er plötzlich da. Ich hatte gerade nichts im Kopf und war in einem Zustand völliger Offenheit. Da wurde ein neuer Clown geboren. Es ist wie bei einem Baby: Ich habe ihn nicht ausgesucht, er ist zu mir gekommen. Ich weiß noch nicht, wie sich Richard entwickelt. Das weiß man nie bei Kindern, ich muss ihm einfach Zeit geben und darf mich nicht einmischen. Wenn ich das täte, dann würde ich rational einen Charakter entwickeln. Dann wäre ich ein Autor. Das hat sicherlich auch seine Berechtigung, ist aber keine natürliche Geburt. Es wird ewig dauern herauszufinden, wie Richard Alleluia lebt. Ich lasse ihn durch die Straßen meiner Nachbarschaft in London laufen und beobachte, was er sieht und wie er auf die Menschen reagiert. Er ist ein sehr schlichtes Gemüt, warmherzig, und die Leute sprechen gern mit ihm.

Der Blick auf die Welt verändert sich als Clown. Wir Clowns stellen unsere Zerbrechlichkeit, unsere Unschuld und unsere Dummheit zur Schau. Darüber lachen die Leute, weil sie sich selbst erkennen. Normalerweise verbringen sie ihr Leben damit, diese Schwächen vor anderen zu verstecken. Doch das ist nicht nötig: Manchmal gewinnst du, manchmal verlierst du, und das ist gut so.

Der Geisteszustand des Clowns ist dem von Kindern sehr ähnlich. Ihre Vorstellungskraft ist unerschöpflich. Kinder haben die Freiheit, naiv zu sein, sie kennen noch keine Zensur der Gedanken. Alles ist möglich. Ein Clown empfindet Freude daran, einfach im Moment zu existieren. Er sagt immer die Wahrheit, weil er nicht weiß, wie man lügt. Seine größte Gabe ist es, sich über die Welt zu wundern. Was passiert da? Warum passiert das? Diese Neugierde hält ihn am Leben.

Eine Clowngeburt ist selten. Das passiert vielleicht fünf- oder sechsmal im Leben. Manchmal lohnt es sich, seine Gedanken freizulassen. Hör auf, dir Sorgen zu machen. Beginne, dich zu wundern. Die Welt wird sich verändern: Laugh with me, baby, and you can ­better yourself.

Angela de Castrotourte mit den größten zeitgenössischen Theater- und Zirkuskompanien um die Welt. Seit 1986 unterrichtet sie in London junge Clowns. Wichtig ist ihr die gesellschaftliche Funktion, da Clowns immer die Wahrheit ­sagen

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