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: Große Steine und postapokalyptische Lava

„Expedition in die Zukunft“ (Originaltitel: Idaho Transfer; USA 1971; Regie: Peter Fonda)

Ketten, Brillen und Hosen, alles aus Metall kommt bei der Reise in die Zukunft ins Extrafach. Man reist spärlich bekleidet auf einer Sitzbank, schiebt drei Regler nach oben, hört dabei harmonisch elektronische Töne, das Bild gerät kurz experimentalfilmartig ins Vibrieren – und voilà, schon ist man in der Postapokalypse. Erstarrte Lavalandschaft, die Menschheit wohl ausgelöscht, eine Öko-Katastrophe („or something“), mehr weiß man nicht. Eigentlich also ein Überlebensprojekt, ein paar Erdbewohner des Jahres 1973 werden 56 Jahre in die Zukunft geschickt.

Sagen wir mal: Ganz interessante Science-Fiction-Prämisse. Nur dass sie diesen Film, der im Original den schönen Titel „Idaho Transfer“ trägt, nicht so wahnsinnig interessiert: Die Lavalandschaft des „Craters of the Moon National Monument“ von Idaho findet er spannender als die Menschheit, die Zukunft, die Zeitreiseidee. Und die Kamera macht auf ihre sehr entspannte Art auch was draus. Verloren sind die Figuren im Bild, als wäre das wirklich der Mond. Eine Wüste, die das Auge nicht durch Einförmigkeit ermüdet, sondern dadurch, dass sie dem Blick, der ruhen will, in der scharfkantigen und unübersichtlichen Landschaft diese Ruhe nicht lässt.

Löcher im Plot

„Expedition in die Zukunft“ ist die erste Regiearbeit von Peter Fonda, der durch „Easy Rider“ zum Star wurde. Aber Geld auftreiben für sein Regiedebüt konnte er nicht. Arm ist die Ausstattung, amateurhaft sind die meisten Schauspieler, von der Hauptdarstellerin Kelly Bohanon hat man nie wieder etwas gehört. Plot und die Logik haben Löcher, gegen die sind die Zeitsprünge nichts. Alles ist nachsynchronisiert, was man sieht, was man hört, Töne und Stimmen haben eine merkwürdig von den Dingen gelöste Hyperpräsenz. Das ist aber alles egal. Vielmehr: Auf sicher nicht intendierte Weise erzeugen die Armut und die Amateurhaftigkeit erst die Faszinationskraft des Films. So sind die Darstellerinnen und Darsteller (zu denen immerhin auch Keith Carradine zählt) nicht einfach schlecht. Eher ist es so, dass man ihre Gesichter, ihre Körper, ihre Kleidung, ihre Brillen, ihre Sprechweisen, ihre Art zu stehen, zu sitzen, ihre Art, die anderen zu adressieren, ihre Art, die Kleider abzulegen, ihre Einfalt, ihre Unschuld, ihre hippiesk vage Politisiertheit, ganz genau so auf einer Party im San Francisco des Jahres 1973 hätte antreffen können. So kam es mir jedenfalls vor. Und in eine Idaho-Lavalandschaft und in eine Science-Fiction-Prämisse verschlagene kalifornische Hippies, das ist ein schöner Verfremdungseffekt.

Es ist immer wieder, als wüssten sie gar nicht um die Fiktion, die in Fetzen um sie herumhängt. Als wären die Sätze, die sie in der überklaren Nachsynchro sprechen, gar nicht die ihren.

Und weil dieser Effekt so nicht intendiert ist, weil sich das ungeschliffene Sosein dieser Menschen so durchprägt, fühlt sich das noch einmal ganz anders an als etwa in Michelangelo Antonionis „Zabriskie Point“, an den „Idaho Transfer“ in mancher Hinsicht erinnert. Eigentümlich ist sie ohnehin, die den Film durchwaltende Stimmung. Der Schrecken wird nicht nur durch den Mangel an Ausstattung, die Löcher im Plot, das Laienschauspiel konterkariert. Auch die Musik setzt immer wieder Gegenakzente. Sie stammt vom Folk-Musiker Bruce Langhorne (Bob Dylans „Tambourine Man“) und legt einen meditativen Zauber über Zeitmaschine und Lava. Schön sind auch einzelne Momente, die sich ins Ganze nicht fügen: Große Steine springen über das Wasser, einfach mal so. Vom wirklich unheimlichen dystopischen Ende zu schweigen. Ekkehard Knörer

Die DVD kostet ca. 13 Euro