LeserInnenbriefe
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Die Herzen öffnen

betr.: „Merkel nur noch geduldet“, taz vom 19. 1. 16

Es ist unerträglich, wie eine Kanzlerin demontiert wird, die den Mut hatte, die Realität zu benennen. Wir können die Grenzen nicht dichtmachen, die Menschen fliehen ohne Rücksicht auf Obergrenzen, und es ist unsere moralische Pflicht, sie aufzunehmen. Alle Begrenzungsmaßnahmen führen schon jetzt zu mörderischen Ergebnissen, Tausende sind schon ertrunken. Es wäre an der Zeit, Frau Merkel den Rücken zu stärken, auch zu sagen, dass wir vorerst 20 Milliarden Euro pro Jahr brauchen für vernünftige Integrationsmaßnahmen und Wohnungsprogramme. All das würde uns schon mittelfristig auch nützen. Gegenwärtig definieren wir Europa.

Ein Hochsicherheitstrakt für ein Europa als Wohlstandsinsel wird nicht funktionieren und hat keinerlei Zukunft, ist eine Illusion. Ohnehin profitieren vom europäischen Reichtum immer weniger auch innerhalb der Grenzen. Machen wir die Augen auf, dann kapieren wir auch, dass wir die Herzen aufmachen sollten für ein überlebenswertes Europa.

Zum Nichtabschotten würde auch gehören, nicht jahrelang wegzuschauen, was um uns passiert, und zuzuschauen, wie die zukunftsorientierte Jugend an die Wand und in die Sackgasse der Religionskriege gedrängt wird. Und das wegen der Geschäfte mit den reichen Golfdynastien! Wer mag da noch stolz bleiben können, ein Europäer zu sein.

BURKHART BRAUNBEHRENS, Ebertsheim

Sehr beschämend

betr.: „Lohnende Subjekte krimineller Seelenfänger“,taz vom 18. 1. 16

Was für eine Wohltat, Bericht und Kommentar von Edith Kresta zum Thema „Nordafrikaner“ zu lesen, nach all den vorangegangenen Verirrungen in der taz. Da wurde die Legitimität von Grenzkontrollen und Abschiebungen angezweifelt, wurden in neoliberaler Logik Flüchtlinge per se als gut für die wirtschaftliche Entwicklung gewertet und das in jeder Kultur und zu jeder Zeit geltende Prinzip, wer Gastfreundschaft grob missbraucht, der fliegt raus, als rechtes Gedankengut verunglimpft. Besonders unpassend war diesbezüglich der Angriff auf Sahra Wagenknecht.

Anscheinend ist es völlig egal, wie man sich in Deutschland als Flüchtling oder Migrant verhält: Wer sich bestens integriert, wird von Rechts dennoch gehasst und noch nach Jahrzehnten aus dem Land geworfen. Und wer sich vom ersten Tag an als Serienstraftäter erweist, kann von Teilen der Linken und der Justiz mit allergrößter Nachsicht rechnen. Das ist alles sehr beschämend, und es schadet vor allem denjenigen, die tatsächlich in großer Not zu uns gekommen sind. FRANK SCHNIEDER, Osnabrück

Nicht das Ende von Europa

betr.: „Iran meldet sich auf dem Ölmarkt zurück“, taz v. 19. 1. 16

Da gibt es also von der EU für den Iran strenge Auflagen. Wenn es nicht funktioniert, dann gibt es ja die brutalstmögliche Aufklärung – geht dann halt nicht härter. Gott schütze Israel. Auch wenn man die Gaza-Politik hart kritisieren muss, sollte man nicht vergessen, dass diese schlappen Europolitiker niemanden beschützen werden. Sie hatten es nie getan. Aber das ist ja nicht das Ende von Europa, alles ist im Wandel, Dinge ändern sich. Die Welt wird sich ja noch Jahrtausende drehen, Ländergrenzen werden sich verschieben. Hoffentlich alles friedlich.

MARTINA LENZEN, München

Typische Eigentümlichkeiten

betr.: „Zahltag in Athen“, taz vom 18. 1. 16

Heute konnte man in der taz eine der typischen Eigentümlichkeiten in der Griechenland-Berichterstattung bewundern. Da heißt es, dass „in den vergangenen Jahren die aufgeblähte Finanzverwaltung verschlankt“ worden sei. Aufgeblähtes Verschlanken muss ja gut sein. Einige Zeilen darunter werden dann die Probleme beim Eintreiben der Steuern erklärt: „Die Finanzbeamten sind schlecht bezahlt, es fehlt an qualifiziertem Personal.“ Das klingt weniger gut. Könnte es vielleicht sein, dass das eine etwas mit dem anderen zu tun hat? MICHAEL SCHÖFFSKI, Köln

Die Geschwindigkeit erstaunt

betr.: „62 Reiche besitzen so viel wie die halbe Welt“,taz vom 18. 1. 16

Dabei erstaunt die Geschwindigkeit, mit der die Konzentration fortschreitet. In Deutschland vertraut man dem Grundgesetz: Eigentum verpflichtet. Denkste. Mit den in Deutschland 1892 eingeführten GmbH haftet der Aktionär nicht für die Folgen des Geschäftsmodell, nur für den „Geschäftserfolg“ im Falle der Pleite. Angloamerikanische Kapitaleigner haben sogar die vollständige Kontrolle über die Geschäftsführung, sind aber vor Regressansprüchen aus Handlungen der Geschäftsführer geschützt (Schellnhuber: „Selbstverbrennung“, 2015, S. 554).

KLAUS WARZECHA, Wiesbaden