Berliner Szenen: Schöner wohnen
Der Lattenrost
Als ich am Abend die Zossener Straße Richtung Späti ging, hatte ein Lattenrost am Altkleidersammelcontainer gelehnt. Eine Weile schaute ich ihn an und stellte mir vor, wie schön es wäre, darauf zu schlafen. Dann ging ich weiter, während ich noch am Überlegen war.
Von der Vergangenheit, die ich mir mit dem Kindheitsbett in die Wohnung geholt hatte, wollte ich mich trennen. Das Bett kam noch aus den sechziger Jahren. Wir hatten es mit dem Auto aus Schleswig-Holstein geholt. Weil die Wohnung klein ist und es komisch wäre, allein auf einem Doppelbett zu schlafen, um Zeit zu gewinnen und mich auszuruhen, hatte ich die letzten Jahre darauf geschlafen. Zum Bett gehörte ein Sprungfederrahmen mit metallenem Ösengeflecht. Als Kind war ich begeistert darauf herumgehopst. Später hatte mein Vater mehr als zwanzig Jahre darauf geschlafen, bis zu seinem Tod. Und in den Nächten war ich nun irgendwie mit meiner Kindheit und mit meinem Vater verbunden gewesen. Ob das man gut war.
Eigentlich taugte es nur noch als Kunstobjekt. Im Hausflur eines Kreuzberger Freundes hing ein ähnlicher Sprungfederrahmen mit Micky Maus in den Sprungfedern.
In den letzten Jahren hatte ich manchmal daran gedacht, den alten Sprungfederrahmen durch einen Lattenrost zu ersetzen. Doch es gab hier um die Ecke keine 1,90-mal-90-Lattenroste, und so wichtig war es mir dann doch nicht, als dass ich im Internet oder entfernteren Bezirken gesucht hätte.
Ich kehrte zurück und trug den Lattenrost in meine Wohnung, obwohl er zehn Zentimeter zu lang war. Der Nachbar hatte eine Säge. Nun ist das Bett endlich richtig. Auch die Matratze ist richtig, nachdem ich den Lattenrost reingetan habe. Das Liegen ist schön. Ich schlafe gut. We have a nice life.
Detlef Kuhlbrodt
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