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Gute Projekte statt Dividende

Finanzen Österreichs erste Bank mit ethischen Geschäftsprinzipien will im kommenden Jahr starten. Dafür brauchen die Initiatoren aber noch mindestens 3 Millionen Euro

Ralf Leonhard

WIEN taz | Dubiose Fonds und das risikoreiche Hebeln von Geldern sind nicht das Geschäft der künftigen Bank. Kontoinhaber werden zum Zinsverzicht ermuntert, Gewinne in ethische Anlagen gesteckt: Das ist das Konzept der Bank für Gemeinwohl (BfG), die im Laufe des kommenden Jahres ihren Geschäftsbetrieb aufnehmen soll.

Bei Wein vom Edelwinzer Josef Umathum, einem der Unterstützer des Vorhabens, und trockenem Nussbrot wurde das Projekt vergangene Woche in Wien potenziellen Anlegerinnen und Anlegern vorgestellt. Damit das erste österreichische Geldinstitut, das auf ethischen Prinzipien beruht, Gestalt annehmen kann, müssen mindestens 3 Millionen Euro eingesammelt werden, sagt der Unternehmensberater Hans-Peter Ritt. Er koordiniert den Arbeitskreis Genossenschaftsentwicklung.

Im Laufe des vergangenen Jahres sind bereits 2 Millionen Euro zusammengekommen: eingebracht von über 2.000 Unterstützern, die als Genossenschaftsmitglieder über die konkrete Ausgestaltung der Bank mitreden dürfen. Mit einem Stammkapital von 5 bis 6 Millionen kann man Gespräche mit der Finanzmarktaufsicht aufnehmen, die dann eine Empfehlung an die EZB in Frankfurt geben wird. Um den Geschäftsbetrieb aufnehmen zu können, peile man 15 Millionen an, so Ritt. Formal soll die BfG zwar eine Aktiengesellschaft sein, doch werden 100 Prozent der Aktien im Eigentum der Genossenschaft bleiben. Ein Börsengang ist nicht geplant.

Wer bisher sein Geld in Österreich ethisch anlegen wollte, fand einzelne Fonds bei normalen Geschäftsbanken oder bei der österreichischen Filiale der Steyler Bank, die dem Steyler-Missionsorden gehört. Die BfG will erst das Kontogeschäft und dann die Kreditvergabe betreiben. Filialen sind aus Kostengründen zunächst keine geplant.

„Derzeit ist die Wirtschaft in weiten Bereichen reiner Selbstzweck“

Kabarettist Thomas Maurer

Dividenden werden nicht an die Anleger ausgeschüttet, sondern in Projekte investiert, über die die Genossen mitbestimmen können. Kredite sollen bevorzugt an jene vergeben werden, die vom kommerziellen Finanzsystem vernachlässigt werden, nämlich Gewerbetreibende, so Peter Schäfer, der 27 Jahre für verschiedene Banken tätig war und in der Planung der BfG eine führende Rolle spielt. Auch dem Wohnungsbau will man sich widmen. Ökologische und soziale Kriterien sollen dabei eine Rolle spielen. Vorbilder sind die Gemeinschaft für Leihen und Schenken (GLS) in Bochum sowie die Alternative Bank Schweiz und die Freie Gemeinschaftsbank in Basel. Kopieren wolle man aber keines dieser Modelle. Bis die BfG ihren Betrieb aufnehmen kann, ist noch Zeit für Diskussionen, in die sich Genossenschaftsmitglieder in regelmäßig tagenden Arbeitsgruppen einbringen.

Das Projekt wirbt mit einigen Prominenten, die durch eine Einlage zum Gelingen des Vorhabens beitragen wollen. Darunter sind der ehemalige Skisprungolympiasieger Toni Innauer, der Wirtschaftsforscher Stephan Schulmeister und der Kabarettist Thomas Maurer, der sein Engagement so begründet: „Derzeit ist die Wirtschaft in weiten Bereichen reiner Selbstzweck und nicht ein Instrument zum Stillen menschlicher Bedürfnisse.“

Die meisten Mitarbeiter engagieren sich derzeit ehrenamtlich. Viele kommen aus dem Dunstkreis des Projekts Gemeinwohlökonomie, das seit einigen Jahren vom Mitbegründer von Attac Österreich, Christian Felber, propagiert wird. Neben dem Bankgeschäft sind die Gründung einer Akademie und einer Crowdfunding-Plattform geplant, die Projekte auf ihre Wirtschaftlichkeit prüfen will, bevor dafür Geld gesammelt wird. Die Akademie, so Peter Peschek vom Bankplanungs-Arbeitskreis, soll „das geistige Rüstzeug vermitteln, wie funktioniert der Kapitalmarkt“, also zur finanzpolitischen Alphabetisierung der Gesellschaft beitragen.

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