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Archiv-Artikel

Sparkonzept fehlt Schubkraft

Skeptische Reaktionen auf Sparpläne von Rüttgers‘ Managerriege für NRW-Etat. Gewerkschaften warten ab. Finanzwissenschaftler: Sparziel nur erreichbar, wenn Lehrerstellen gekürzt werden

VON MARTIN TEIGELER

Jürgen Rüttgers‘ Sparprogramm löst in Nordrhein-Westfalen kein Heulen und Zähneklappern aus. Haushaltsexperten und Gewerkschaften geben den Kürzungszielen der NRW-Landesregierung wenig Chancen auf Verwirklichung. „Das ist nicht besonders realistisch, sondern eher obskur“, sagte der Dresdner Wirtschaftsprofessor Helmut Seitz gestern zur taz. Die ehrgeizigen Sparvorhaben der Regierung seien wohl nicht erreichbar, wenn angeblich keine Lehrerstellen gekürzt werden sollten. „Ohne den Schulbereich geht es nicht“, so Seitz.

Am Dienstag hatte eine von CDU-Regierungschef Rüttgers eingesetzte Kommission von Industriemanagern und Unternehmern vorgeschlagen, bis 2010 rund acht Milliarden Euro im Haushalt einzusparen (taz berichtete). Knapp drei Milliarden Euro davon sollen bei den Landesbediensteten zusammengestrichen werden, hieß es. Demnach soll bis 2010 jede zehnte der 344.000 Stellen eingespart werden. Mit dem Sparpaket will die schwarz-gelbe Koalition mittelfristig einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen. Rüttgers stellte aber klar, dass die im Wahlkampf versprochene Einstellung von 4.000 neuen Lehrern davon unbenommen sei.

„Nach unseren Berechnungen ist ein solches Einsparvolumen kaum erreichbar, wenn man den Schulbereich ausnimmt“, sagt Finanzwissenschaftler Seitz. „Die Lehrer sind schließlich der dickste Brocken bei den Personalausgaben.“ Die größte Gruppe unter den Beamten in NRW stellen die Lehrerinnen und Lehrer mit rund 100.000 Vollzeitbeschäftigten. Bei der Polizei gibt es rund 40.000 Beamte. Da die NRW-Beamtenriege strukturell überaltert sei und viele Staatsdiener in den nächsten Jahren in Pension geschickt würden, sei immerhin ein Teil der Kürzungspläne realisierbar, so Seitz.

Die Gewerkschaften scheinen die Regierungspläne nicht sonderlich ernst zu nehmen. „Der Bericht ist das Papier nicht wert, auf dem er steht“, so ein Landessprecher der Gewerkschaft ver.di. Wenn Rüttgers zu seinem Nein zu betriebsbedingten Kündigungen im öffentlichen Dienst stehe, könne er das nicht umsetzen. „Wir müssen erstmal intern darüber beraten, was da auf dem Tisch liegt“, so ein NRW-Sprecher des Deutschen Beamtenbundes.

Grünen-Haushaltsexperte Rüdiger Sagel warf Schwarz-Gelb gestern mangelnde Glaubwürdigkeit vor: „Die reale Politik der Landesregierung bewirkt genau das Gegenteil dessen, was die von ihnen selbst eingesetzte Haushaltskommission fordert.“ Statt Stelleneinsparungen hätten CDU und FDP seit der Landtagswahl über 1.000 neue Stellen geschaffen, davon viele unnötige in der Ministerialbürokratie.

Bei der gestrigen Einbringung des 2,2-Milliarden-Nachtragshaushalts ermahnte NRW-Finanzminister Helmut Linssen (CDU) die schwarz-gelbe Koalition, ihn bei den Sparanstrengungen zu unterstützen: „Haushaltskonsolidierung ist nicht die alleinige Aufgabe des Ministers.“