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Den neuen „Star Wars“ kann man sich sparen. Aber ein Besuch im Rewe-Supermarkt lohnt sichDauerfeuer vom Todesstern

Foto: privat

am rand

Klaus Irler

Der aktuelle Todesstern ist um ein vielfaches größer als der von 1977. Zerstören lässt er sich, indem sein Schutzschild deaktiviert und dann der Hauptreaktor beschossen wird. Woher ich das weiß? Weil ich drin war im neuen Star-Wars-Film. Ich bin nicht daran vorbeigekommen. Das liegt zum Teil an meinen Neffen, es liegt aber auch an meiner Galaxie namens Niendorf-Nord, wo das Star-Wars-Marketing einen Todesstern installiert hat, der seit Wochen Dauerfeuer gibt.

Der Marketing-Todesstern in Niendorf hat sich als Rewe-Supermarkt getarnt und ist so strukturiert wie der Todes­stern im Film. Um reinzukommen, muss man am Schutzschild vorbei: ein Turm mit Star-Wars-Heften, Puppen und Spielen. Der Turm ist schwarz und groß und spielt in einer anderen Liga, als die Spargel- oder Erdbeer-Türme, die es sonst am Eingang gibt.

Man kann den Turm passieren, indem man mit seinem Einkaufswagen auf Lichtgeschwindigkeit geht und damit durch jenes Minizeitfenster schlüpft, in dem der Schutzschild neu kalibriert. Das bedeutet, dass man am Obst vorbeirauscht, aber immerhin ist der Aufprall im Toast-Regal sanft.

Ab da startet der Kampf Mann gegen Mann. Die Sturmtruppler tragen weiße Rewe-Uniformen mit Star-Wars-Buttons an der Brust. Gegenüber der Tiefkühlpizza kommt nochmal ein Merchandising-Kraftfeld. Nicht jeder Soldat der Rebellenallianz kann widerstehen. Gelingt es doch, dann wartet an der Kasse Snoke (der aktuelle Oberschurke) mit den Bildern fürs Sammelalbum. Pro zehn Euro Einkauf gibt’s eine Tüte voll Bilder. Wer unter zehn Euro bleibt, bekommt keine Bilder und bezahlt mit dem Leben.

Weil ich im Dezember immer Einkäufe über zehn Euro hatte, saß ich also drin im Kino, ganz hinten rechts, weil sonst nichts mehr frei war. Vor dem Film kamen Trailer, in denen sich Fantasy-Wesen unglaubliche Schlachten lieferten. Wäre nicht zwischendurch neben der Leinwand ein Licht ausgegangen, hätte es einen nahtlosen Übergang gegeben von den Trailer-Schlachten zur Auftakt-Schlacht des Hauptfilms.

Als Zuschauer bei Star Wars bist Du wie ein Stück Fleisch, das durch Klopfen mit dem Holzhammer weich gemacht wird. Es ist der gleiche Hammer, den es seit Jahren gibt im Popcorn-Action-Kino, nur, dass Star Wars Tradition hat und man sich freuen kann über die Kindheitserinnerungen, in denen die Bösen auch schon schwarz und die Guten weiß waren.

Es hat sich nichts geändert bei Star Wars, nur der Holzhammer ist größer und die Geschichte dünner geworden. Das Ganze ist ziemlich langweilig und wäre schnell vergessen, wenn nicht die Rewe-Todessterne alles in den Alltag verlängern würden. Bei Star Wars gehört halt nicht das Marketing zum Film, sondern der Film zum Marketing. Daher meine Empfehlung: Geht gleich in den Supermarkt. Das Kino könnt Ihr Euch sparen.

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