piwik no script img

OFF-KINO

Off-Kino

Lars Penning

Filme aus dem Archiv– frisch gesichtet

Jahresausklang mit Ernst Lubitsch und der quirligen Ossi Oswalda in der Komödie „Ich möchte kein Mann sein“ (1918): Ossi liebt das Rauchen, Alkohol und Pokern, was ihr blöderweise zu Hause verboten wird. Also begibt sie sich, mit Frack und Zylinder verkleidet, ins Tanzlokal. Kommt aber mit der neuen Rolle nicht ganz zurecht – die Weiblichkeit lässt sich eben nicht völlig unterdrücken. Nicht nur die Handlung ist überaus bewegt, sondern auch die Kamera, die sich vom Taumel der puren Bewegungsfreude anstecken lässt (29. 12., 20.30 Uhr, Bundesplatz-Kino).

Das Hotel als Schauplatz hat die Filmemacher der Welt von jeher fasziniert: eine Welt voller flüchtiger Begegnungen von Menschen unterschiedlicher sozialer Stellungen, Schicksalen und möglicherweise falscher Identitäten, anonym und intim zugleich. Das gilt in gleicher Weise für schwimmende Hotels in Form des Luxusliners – nur dass diese auch noch dramatisch untergehen können. Selbiges geschieht in dem frühen Tonfilm „Atlantic“, den E. A. Dupont 1930 in Anlehnung an den Untergang der „Titanic“ drehte. Die deutsche Version mit Fritz Kortner in der Hauptrolle gilt als erster deutschsprachiger Tonfilm und war ein Riesenerfolg. Das auf einem Bühnenstück beruhende Werk setzt allerdings nicht unbedingt auf gesteigertes Tempo. Filmhistorisch jedoch unbedingt interessant läuft es in der Filmreihe „Menschen im Hotel“ im Zeughauskino (1. 1., 21 Uhr, 2. 1. 18.30, Zeughauskino).

Eines von Alfred Hitchcocks besten Werken ist „Rear Window“ („Das Fenster zum Hof“, 1954). Wie so oft in den Filmen des Meisters wird hinter dem offensichtlichen Plot – ist Mr. Thorwald, dessen ewig nörgelnde Gattin schon länger nicht mehr gesehen wurde, ein Mörder? – eine zweite, vielleicht noch spannendere Geschichte erzählt, die nicht immer nur freundlich von zwischenmenschlichen Beziehungen in allen erdenklichen Stadien kündet. Denn James Stewart als eingegipster und bewegungseingeschränkter Fotoreporter bekommt es hier nicht nur mit der ungemein heiratswilligen (und in Technicolor fantastisch aussehenden) Grace Kelly zu tun, er blickt bei seinen gelangweilten Observationen nachbarlicher Wohnungen mit dem Teleobjektiv auf das ganze Spektrum menschlichen Lebens: Flirts, Sex, Einsamkeit, Verzweiflung und Mord. Das Arsenal zeigt „Rear Window“ in der Magical History Tour zum Thema „Sound im Film“, dem hier aufgrund der Beschränkung auf eine einzige Studiokulisse die Aufgabe zufällt, die Welt eines Hinterhofs zum Leben zu erwecken (6. 1., 19.30 Uhr, Arsenal 2).

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen