Liebeserklärung: Fest der Familie
Weihnachten ist die schöne Gelegenheit, sich der Liebe zu vergewissern. Wer sich dem nicht aussetzt, hat kein Herz
Alles schon mal durchlebt, diese Art Antiweihnachten. Es hieß dann immer: Wir schenken uns nix. Hören keine Weihnachtslieder. Spielen Karten. Essen schön zusammen. Aber auf keinen Fall Geschenke. Einige begründeten diesen Boykott des Weihnachtlichen gar mit Adorno (“Es gibt kein richtiges Weihnachten im Falschen“) oder Celan (“Nach 1945 ist kein Weihnachten mehr denkbar“).
In Wirklichkeit ist Weihnachten, boykottiert man es nicht, die viel innigere Zumutung, die Charakterstärke und Herz zugleich nötig macht. Ja, schenken ist schön. Und auch beschenkt zu werden. Inklusive aller Beklommenheit, ob man das Richtige unterm Tannenbaum findet. Und gemeinsames Essen ist auch wichtig, aber nur halb so schön, wenn es nicht ernsthaft im weihnachtlichen Geist geschieht – den man nicht mit christlichem verwechseln darf, Weihnachten ist ja als heidnisches Familienfest viel älter als alle Krippenfantasien mit bethlehemitischer Grundlage.
Weihnachten ist nach Hause kommen, sich der Liebe zu vergewissern, sich darauf freuen, kochen, aber nicht zu speziell, sondern urfamiliär satt und selig machend, das ist Vorfreude auf das, was ein gutes Leben miteinander sein kann – und deshalb ist es zugleich auch immer ein wenig traurig, weil ja dieses gewisse familiäre Flair nicht auf ewig halten kann, sondern schon in der Nacht zum 27. Dezember alles wieder vorbei ist. Und weil Angehörige eines Todes wegen fehlen, gerade erst gestorben oder schon länger. Weihnachten ist auch die tröstlichste Gelegenheit, sich der eigenen Sentimentalisierbarkeit zu versichern – denn wer sich dem nicht aussetzt, hat kein Herz und will selbst bei einem Festmahl nur die Kalorien ausrechnen.
Weihnachten ist auch, sich an das eigene Staunen als Kind zu erinnern. Dafür lohnt sich alles, auch das Schlangestehen beim Geschenkekaufen. Jan Feddersen
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