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Archiv-Artikel

betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

ESTHER SLEVOGT

Theatertechnisch ist das neue Jahr schon wieder voll im Stoff. Am HAU geht der präzise Theaterdokumentarist Hans-Werner Kroesinger mit einem neuen Projekt an den Start: „Failed States“ ist die als Serie angelegte Auseinandersetzung überschrieben, die sich mit gescheiterten Staaten befassen wird. Dieser Begriff steht für Staaten, die das grundsätzliche geltende Staatsziel, nämlich ihren Bewohnern ein organisiertes Staatswesen mit einem staatlich kontrollierten Rechts- und Wirtschaftssystem zu garantieren, aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr nachkommen können. Gegenwärtig führt Somalia die Liste der Failed States an, die seit 2005 von der NGO „Fund For Peace“ veröffentlicht wird. An Somalia entfaltet Kroesinger im Rahmen eines Rundgangs durch das installativ veränderte HAU 1 auch die Exposition seiner Auseinandersetzung und fragt: Was heißt es überhaupt, wenn ein Staat scheitert? Wen bedroht das? Und wer profitiert davon? (HAU 1: Failed States One: Somalia – ab 11. 1., 20 Uhr).

Eine Art Failed State ist auch das antike Ithaka gewesen, nämlich als sein Herrscher Odysseus als Alliierter mit den Griechen in den Trojanischen Krieg gezogen war. Korrupte Freier hatten das Land fest im Griff und Odysseus’ junger Sohn Telemach suchte nach Auswegen: Sollte er einfach fliehen oder doch mit Macht die Misere zu bekämpfen versuchen? Im Ballhaus Naunystraße zieht das deutsch-griechische Regieduo Anestis Azas und Prodromos Tsinikoris unter der Überschrift „Telemachos – Shoud I stay or should I go?“ nun Parallelen zum heutigen Griechenland und seiner existenziellen Krise. (Ballhaus Naunynstraße: Telemachos – ab 11. 1. , 20 Uhr).

Und dann wären da noch die verfehlten Leben, die schon immer zumindest satten Theaterstoff boten. Ein ziemlich vergnügliches Exempel bietet Werner Schwabs krachendes Putzfrauenstück „Präsidentinnen“, das im Berliner Ensemble Altmeister Günter Krämer in Szene setzt. (BE: Präsidentinnen, ab 12. 1., 19.30 Uhr).

An der Schaubühne befasst sich Thomas Ostermeier mit Thomas Manns Novelle „Der Tod in Venedig“, den Viscontis berühmte Verfilmung assoziativ für immer an die Musik Gustav Mahlers band. In der Schaubühne wird es aber nicht (wie bei Visconti) das Adagio aus Mahlers 5. Symphonie sein, sondern die „Kindertotenlieder“. Die Choreografie besorgt der spanische Choreograf Mikel Aristegui, den sterbenden Gustav von Achenbach wird Schauspielermassiv Josef Bierbichler spielen (Schaubühne: Der Tod in Venedig/Kindertotenlieder, ab 12. 1., 20 Uhr).

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