taz.adventskalender (5)
: Wir wünschen uns … andere Versager

Das Leben ist ein Wunschkonzert: Stimmt leider nicht ganz, aber zumindest im Advent werden Sehnsüchte, Hoffnungen – Wünsche eben – geäußert. Auch an dieser Stelle in der taz, bis zum 24. Dezember jeden Tag.

Einen klitzekleinen Wunsch hätte ich auch, was das Leben in dieser unserer Stadt betrifft: Es geht um den weißen, deutschen, alten Mann. Ich finde, als verantwortliche Person sollte dieser Typus, der bereits für so viel Unheil verantwortlich war, abdanken. Nicht etwa aus Prinzip. Ich fürchte, in ein paar Jahren genüge auch ich diesen Kriterien, und man muss ja nicht aktiv an seiner eigenen Abschaffung mitwirken. Auch nicht, nur weil es gerade hip wäre. Ich finde einfach, der weiße, deutsche, alte Mann hat’s lange genug verkackt. Jetzt sind mal andere mit Versagen dran. Wer hat die Berliner Olympiabewerbung in den Sand gesetzt? Klaus Böger und andere weiße, deutsche, alte Männer. Auf wessen Mist ist der BER gewachsen? Eben. Wer bellt reflexhaft los, wenn ins Berliner Theaterleben mal etwas Bewegung kommt? Weißes, deutsches, altes Peymann. Wer ist für das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) hauptverantwortlich? Sozialsenator Mario Czaja, der wohl noch als junger, weißer, deutscher Mann durchgeht. Aber wartet nur, auch der wird alt.

Ich wünsche mir, dass andere an die Reihe kommen, um es auch nicht besser zu machen. Berlin bietet viele schöne große Aufgaben: den Handel mit Gras, die Touristenstromlenkung, Warteschlangenkonfliktregie, Baustellenmissmanagement, Partymüll­entsorgung, so was. Vor allem darf man alles zupflastern und zubauen.

„Der weiße, deutsche, alte Mann hat’s lange genug verkackt“

Das sollten jetzt mal andere anpacken: frische, junge Frauen zum Beispiel, milchgesichtige Jünglinge, picklige Mädchen oder halbwüchsige Hobbits, ganz egal. Ich wünsche mir nur neue Gesichter für die Stadt. Jens Uthoff